Zuger Parlament ebnet den Weg für den Einsatz von Sozialdetektiven


News Redaktion
Regional / 02.03.23 09:31

Bei begründetem Verdacht auf Sozialhilfemissbrauch sollen die Behörden im Kanton Zug Personen beschatten können. Am Donnerstag hat der Kantonsrat in erster Lesung über die notwendige gesetzliche Grundlage für den Einsatz von so genannten Sozialdetektiven debattiert. Bei der bürgerlichen Ratsmehrheit stiess sie auf Zustimmung, die Ratslinke äusserte Kritik.

Ein professioneller Detektiv bei seiner Arbeit. (Symbobild) (FOTO: KEYSTONE/ENNIO LEANZA)
Ein professioneller Detektiv bei seiner Arbeit. (Symbobild) (FOTO: KEYSTONE/ENNIO LEANZA)

"Solche Sozialhilfeschnüfflerinnen und Sozialhilfeschnüffler brauchen wir nicht", sagte Luzian Franzini (ALG) in der Detailberatung. Armutsbetroffene würden mit der Gesetzesänderung unter Generalverdacht gestellt.

So stellte die ALG-Fraktion den Antrag, die Paragrafen zur Observation aus dem Gesetz zu streichen. Unterstützung erhielt sie von der SP-Fraktion. Da sich aber GLP-, Mitte-, FDP- und SVP-Fraktion geschlossen hinter die Vorlage der Regierung stellten, scheiterte das Anliegen im Rat deutlich mit 56 zu 18 Stimmen.

Konkret sollen mit der vorliegenden Teilrevision die Sozialhilfebehörden bei begründetem Verdacht auf unrechtmässigen Leistungsbezug, etwa durch Schwarzarbeit oder Vorspiegeln gesundheitlicher Einschränkungen, die betroffenen Person im Alltag beobachten lassen können.

Die Regierung bestreitet die Kritik des Generalverdachts. Vielmehr gehe es darum, das Fehlverhalten jener Sozialhilfebezüger, die das System zu Lasten der Allgemeinheit ausnutzen, aufzudecken. In diesen Fällen können so genannte Sozialdetektivinnen und -detektive unangemeldete Besuche am Wohnort und Observationen vornehmen. Unangemeldete Besuche am Arbeitsort sind nicht zulässig.

Die Observationsfrist beträgt sechs Monate und kann einmalig um sechs Monate verlängert werden, wenn hinreichende Gründe bestehen. Die betroffenen Personen müssen in jedem Fall über die Details der Observation informiert und mit den Ergebnissen konfrontiert werden.

Mit der vorliegenden Revision sollen weiter auch die Mitwirkungspflicht bei hilfesuchenden Personen ausgedehnt und der Datenaustausch zwischen kantonalen und kommunalen Stellen eingeführt werden.

Jill Nussbaumer (FDP) betonte, dass diese Observation ja eine "Ultima Ratio" sei. Sie bezeichnete die vorgesehenen Massnahmen als "ausreichend und angemessen". Dem pflichtete die GLP-Fraktion bei.

Thomas Werner (SVP) sagte, es gehe darum, Menschen aufzuspüren, die mit krimineller Energie ein "sehr wichtiges soziales Werk" missbrauchten. Und Mitte-Kantonsrätin Anna Bieri resümierte, Missbräuche seien konsequent zu ahnden, ob im Bereich des Steuergesetzes, im Strassenverkehr, in der Sozialhilfe: "überall".

Genau hier liege der Hund begraben, sagte Christian Hegglin (SP). Die SP-Fraktion störte sich daran, dass in der Sozialhilfe mit härteren Massnahmen operiert werde als etwa beim Steuerbetrug.

"Wir sind für eine verhältnismässige Kontrolle", sagte Luzian Franzini (ALG). Aber die betroffenen Menschen sollten nicht schikaniert werden. Er bezeichnete die Observationen als "schwerwiegender rechtsstaatlicher Eingriff." Zudem gebe es keine Gewähr, dass sich die Detektive an die Grenzen hielten. Und: "Wir machen hier ein Gesetz für 20 bis 60 Personen pro Jahr."

Die Teilrevision des kantonalen Sozialhilfegesetzes (SHG) geht auf eine Motion der heutigen Mitte-Fraktion im Kantonsrat zurück, die das Parlament 2019 erheblich erklärt hatte. SP und ALG waren bereits damals dagegen.

Drei Jahre zuvor hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die verdeckte Überwachung von Versicherten durch die Sozialversicherungen wegen fehlender rechtlicher Grundlagen gerügt. In der Folge wurde das Sozialversicherungsgesetz angepasst und damit die Observation geregelt. Weil aber die Sozialhilfe nicht darunter fällt, muss der Kanton Zug dies in einem kantonalen Gesetz regeln.

(sda)


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