Langsam schreitet Mändel mit Kolin aus dem Stall und dreht auf dem Vorplatz ein, zwei kleine Runden. Der Kolin brauche Zeit, um sich zu bewegen, sagt der 55-Jährige. Wenig erstaunlich bei diesem Gewicht. Er frisst 20 Kilogramm Heu pro Tag und trinkt gegen 100 Liter Wasser.
Mändel bindet den Stier draussen wieder fest und stellt den Hochdruckreiniger an, "auf der feinsten Stufe", wie er sagt und spritzt ihn ab. Kolin geniessts sichtlich, entspannt drückt er seinen Kopf gegen den Strahl. Dann wird Kolin von Kopf bis Fuss einschamponiert.
Kurt Häfliger, zuständig für den Gabentempel am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest, stattet Kolin und Mändel an diesem Morgen auch einen kurzen Besuch ab. Es sei eine wahre Freude zu sehen, wie sich Mändel um das Tier kümmere. Mit "Leib und Seele" sei er dabei.
Mändel selber streitet nicht ab, dass er eine ganz spezielle Beziehung zu Kolin aufgebaut habe. Er hat ihn in sein Herz geschlossen - für die Ewigkeit sogar: Mändel liess sich das Porträt von Kolin auf den rechten Oberarm tätowieren.
Mändels Faszination für Munis kommt nicht von ungefähr; er ist mit Munis aufgewachsen. Schon als kleiner Bauernbub verwöhnte er sie. Er selber wurde dann zwar nicht Bauer, aber die Liebe zu diesen Tieren, die ist geblieben.
Dass er Kolins temporärer Wegbegleiter werden durfte, sei ihm drum eine grosse Ehre. Es sei fast schon ein Kindheitstraum, der damit in Erfüllung ging. Ganz Abschied nehmen müssen wird er von Kolin höchstwahrscheinlich nicht. Nur in seltenen Fällen nimmt der Schwingerkönig den Siegermuni mit zu sich. Sonst bleibt er, wo er bisher war. In diesem Fall auf dem Hof von Mändels Bruder.
Häfliger schätzt den Wert von Kolin auf 8000 bis 9000 Franken. Vor allem aber habe er auch einen hohen symbolischen Wert. Er sei einfach ein "wunderschönes Exemplar." Mändel schwärmt: "Sein Blick ist so lieblich."
Nach der Morgendusche spaziert Mändel Nussbaumer mit Kolin auf die andere Seite des Hofes. Zeit für den Feinschliff.
In den vergangenen Monaten machte Mändel mit Kolin ausgedehnte Spaziergänge, war mit ihm am Ägerer Jahrmarkt, am Grümpelturnier und am Fasnachtsumzug. Meist blieb Kolin ruhig in der Menschenmenge. Einzig als er erstmals in einem Schaufenster sein eigenes Spiegelbild erblickte, erschrak er und wurde etwas wild.
Zurück auf dem Hof montierte Mändel kurzum an der Scheunenwand einen Spiegel. Seither lässt er Kolin regelmässig sein eigenes Spiegelbild bewundern.
So auch an diesem Morgen. Aber erst, nachdem ihm Mändel die Hörner mit Melkfett poliert, die Haare zwischen den Hörnern und am Schwanz gebürstet, mit Haarspray frisiert und toupiert und schliesslich die Klauen mit schwarzem Spray eingefärbt hat. Dieses Beautyprogramm hat sich Mändel selbst ausgedacht. "So, jetzt sind wir ready", sagt Mändel zu Kolin. Von Mann zu Mann.
Die beiden spazieren zurück zur Scheune, hin und wieder steht Kolin bockstill. Mändel zeigt Geduld. "Muesch ha", sagt er und krault den Stier am Hals. "Chom jetzt, ned blöd tue."
Es hilft. Sie gehen weiter bis zum Spiegel an der Scheunenwand. Der frisch gestylte Kolin geht ganz nah ran. Seine Nase berührt das Glas. Offensichtlich gefällt er sich. Auch Mändel scheint zufrieden zu sein mit seiner Arbeit. Noch aber fehlt etwas: Der goldene Nasenring, den Kolin am Tag X tragen wird. Den aber montiert ihm Mändel noch nicht. Der soll schliesslich glänzen wie neu. Und wie Kolin.
(redaktion / sda)