Indigene in Not: Brasiliens Regierung geht gegen Goldgräber vor


News Redaktion
International / 09.02.23 04:11

Not und Elend der indigenen Volksgruppe der Yanomami haben Brasiliens Regierung dazu bewogen, gegen illegales Goldschürfen in ihrem Gebiet im äussersten Norden des Landes vorzugehen.

Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro förderte die Ausbeutung des Amazonasgebiets und befürwortete auch den Goldabbau bei den Indigenen. Foto: Gustavo Moreno/AP/dpa (FOTO: Keystone/AP/Gustavo Moreno)
Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro förderte die Ausbeutung des Amazonasgebiets und befürwortete auch den Goldabbau bei den Indigenen. Foto: Gustavo Moreno/AP/dpa (FOTO: Keystone/AP/Gustavo Moreno)

An dem Einsatz waren die Indigenen-Behörde Funai, die Umweltbehörde Ibama und dem Justizministerium unterstellte Sicherheitskräfte beteiligt, wie das Ibama am Mittwoch mitteilte. Demnach zerstörten Umweltbeamte Ausrüstung der Goldgräber - darunter einen Traktor, Helikopter und ein Flugzeug. Vom Ibama veröffentlichte Videoaufnahmen der Operation zeigen ein brennendes Fluggerät in der Nähe des Regenwalds.

Zudem wurden mehrere Waffen und drei Boote mit 5000 Liter Treibstoff sichergestellt. Mutmassliche Goldgräber, genannt Garimpeiros, suchten das Weite, wie es hiess. Um ihre Versorgungs- und Transportwege zu unterbrechen, wurde am Fluss Uraricoera eine Kontrollstation eingerichtet. Ausser Benzin und Diesel transportierten die zwölf Meter langen Motorboote der Mitteilung zufolge etwa eine Tonne Lebensmittel, Gefrierschränke, Generatoren und Internetantennen. Alle Vorräte wurden demnach beschlagnahmt und sollen für die Versorgung der Beamten verwendet werden.

Kein Boot mit Treibstoff und Garimpo-Ausrüstung solle die Kontrollstelle in Richtung der Goldgräber-Gruben mehr passieren, hiess es weiter. Weil die Luftwaffe den Luftraum über dem Yanomami-Gebiet überwacht, versuchten illegal agierende Goldgräber bereits in den vergangenen Tagen, das schwer zugängliche Gebiet zu Fuss oder per Boot zu verlassen.

Das Territorium der Yanomami in den nördlichen Bundesstaaten Roraima und Amazonas ist mit mehr als neun Millionen Hektar etwa so gross wie Portugal und eines der grössten Schutzgebiete für Indigene in Brasilien. Dort leben mehr als 30.000 Yanomami, die auch im Nachbarland Venezuela beheimatet sind. Sie wurden durch den Kampf um die Abgrenzung ihres Gebiets und gegen das Strassenbauprojekt Transamazônica seit den 1970er Jahren weltweit bekannt.

Eindringlinge stellen für die Indigenen seit jeher eine Gefahr dar, auch weil ihr Immunsystem nicht gegen eingeschleppte Krankheitserreger gewappnet ist. Der damalige Präsident Fernando Collor de Mello hatte Anfang der 1990er Jahre ebenfalls Massnahmen zu ihrem Schutz ergriffen. Ein grosser Teil der Garimpeiros verliess damals das Gebiet der Yanomami.

Zuletzt hielten sich schätzungsweise wieder 20.000 Garimpeiros im Yanomami-Gebiet auf. Die Umweltorganisation Greenpeace klagte nach einem Überflug im Dezember über eine 120 Kilometer lange Strasse, die Goldgräber in den Amazonas-Regenwald geschlagen hatten. Die Eindringlinge nutzen Quecksilber, um Gold auszulösen, und verschmutzen das Wasser und den Boden - mit fatalen Folgen für die von Landwirtschaft, Fischerei und Jagd lebenden Yanomami. 570 Kinder der Volksgruppe sind in den vergangenen Jahren nach Angaben der brasilianischen Nachrichtenagentur "Agência Brasil" wegen Unterernährung gestorben. Dem Gesundheitsministerium zufolge wurden seit Ende Januar über 1000 Yanomami mit schweren Gesundheitsproblemen wie Unterernährung und Malaria aus dem Gebiet gebracht und behandelt.

Die Regierung des linken Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva hatte zuvor den Gesundheitsnotstand bei den Indigenen ausgerufen. Die Bundespolizei leitete eine Untersuchung wegen des Verdachts auf Völkermord und unterlassene Hilfeleistung ein. Lulas rechter Vorgänger Jair Bolsonaro förderte die Ausbeutung des Amazonasgebiets und befürwortete auch den Goldabbau bei den Indigenen. Indigenen-Behörden und Umweltämter wurden geschwächt, Beamte, die gegen den Garimpo vorgingen, sogar entlassen. Lula da Silva kündigte nun eine neue Politik an.

(sda)


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