Mit dem Ausbruch der jüngsten Protestwelle im September 2022 ist die Islamische Republik in eine schwere politische Krise gestürzt. Auslöser war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam. Sie war von der sogenannten Sittenpolizei wegen Verstosses gegen islamische Kleidungsvorschriften festgenommen worden. Der Staat reagierte auf Proteste mit grösster Härte.
Ruhani warf der Regierung unter dem amtierenden Präsidenten Ebrahim Raisi fehlende Legitimität vor: "Der Schlüssel zur Lösung der heutigen Probleme liegt in der Rückkehr zu kompetitiven Wahlen mit einer breiten Beteiligung der Bevölkerung." Raisi war im Sommer 2021 mit der niedrigsten Wahlbeteiligung in der Geschichte der Islamischen Republik an die Macht gekommen.
Bereits in den vergangenen Wochen hatten sich Politiker, die wie Ruhani dem Reformlager zugeordnet werden, mit gemässigten Tönen um Versöhnung bemüht. Dennoch lehnen vor allem viele junge Menschen, die im Land auf die Strassen gegangen waren, auch Positionen der Reformpolitiker ab. Reformen seien nicht möglich, lautete oft der Vorwurf der Demonstranten, die stattdessen einen Sturz des Islamischen Herrschaftssystems forderten.
(sda)