Der Stadtrat ist zudem überzeugt, dass Erwerbsarbeit wesentlich dazu beiträgt, die gesellschaftlich nötigen Strukturen, Dienstleistungen und Güter zu sichern und die soziale Sicherheit aller zu gewährleisten, wie er in seinem am Dienstag veröffentlichten Bericht und Antrag an das Parlament schreibt.
Die Erwerbsarbeit ermögliche weiter auch gesellschaftliche Integration und Lebensqualität, heisst es. Das bedingungslose Grundeinkommen wertet aus Sicht des Stadtrates die Bedeutung der Erwerbsarbeit ab.
Nach Ansicht der Stadtregierung ist auch der Erkenntniswert eines Pilotversuchs zu klein. Sie empfiehlt die Initiative zur Ablehnung und verzichtet auf einen Gegenvorschlag.
Anders sieht es das Initiativkomitee, das sich als parteiungebunden bezeichnet: Es betrachtet das bedingungslose Grundeinkommen als eine Möglichkeit, wie die Digitalisierung, der Klimawandel oder die Coronakrise bewältigt werden könnten.
In einem städtischen, wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekt soll das Modell lokal auf seine Brauchbarkeit getestet werden. Gemäss der Initiative soll während mindestens 36 Monaten eine Gruppe Menschen ein monatliches Grundeinkommen erhalten, unabhängig von deren Vermögen, Einkommen und Berufsstatus. Eine Gegenleistung wird nicht erwartet.
In den Städten Bern und Zürich wurden bisher Initiativen für Pilotprojekte zu einem bedingungslosen Grundeinkommen eingereicht. In Zürich scheiterze sie im vergangenen September mit einem Nein-Stimmenanteil von 53,9 Prozent. Die Behandlung des Geschäfts im Berner Stadtrat steht noch aus.
Auf nationaler Ebene war 2021 die Initiative "Leben in Würde - für ein finanzierbares Grundeinkommen" lanciert worden, jedoch Mitte Januar dieses Jahres gescheitert. Und 2016 hatten die Schweizer Stimmberechtigten mit einem Nein-Stimmenanteil von 77 Prozent eine Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen verworfen.
Das Initiativkomitee zeigte sich in einer Medienmitteilung enttäuscht vom Nein des Stadtrats. Es ist überzeugt, dass das Grundeinkommen heute eine grössere Unterstützung in der Bevölkerung habe als noch 2016.
Das Komitee wirft dem Stadtrat vor, das Anliegen nicht unparteiisch geprüft zu haben. Die Erwerbsarbeit werde durch das Grundeinkommen nicht entwertet, sondern aufgewertet, weil nicht mehr aus Furcht vor einer existenziellen Not gearbeitet werden müsste.
(sda)