Stadtzürcher Mindestlohn von knapp 24 Franken hat gute Chancen


News Redaktion
Schweiz / 26.01.23 14:12

Das Zürcher Stadtparlament dürfte sich für die Einführung eines Mindestlohns von 23.90 Franken pro Stunde aussprechen: Die Kommissionsberatung zeigt eine Mitte-Links-Mehrheit für einen angepassten Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Ein Lohn zum Leben".

Es soll mehr Geld im Portemonnaie bleiben: Die Mehrheit der zuständigen Kommission spricht sich für einen Mindestlohn in der Stadt Zürich aus. (Symbolbild) (FOTO: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER)
Es soll mehr Geld im Portemonnaie bleiben: Die Mehrheit der zuständigen Kommission spricht sich für einen Mindestlohn in der Stadt Zürich aus. (Symbolbild) (FOTO: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER)

Die Vertreterinnen und Vertreter von SP, Grünen, AL und Mitte/EVP unterstützen grundsätzlich einen Mindestlohn. Dieser stelle eine sinnvolle sozialpolitische Massnahme dar, heisst es in einer Medienmitteilung vom Donnerstag.

Es liesse sich so die Situation von Arbeitnehmenden in Tieflohnbranchen und von "Working Poor" verbessern, ohne dass negative Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft zu erwarten wären, begründet die Mehrheit ihre Haltung.

Die Kommissionsminderheit - bestehend aus FDP, GLP und SVP - lehnt "den regulatorischen Eingriff in den Arbeitsmarkt" hingegen ab. Ein kommunaler Mindestlohn sei "kein geeignetes Instrument zur Armutsbekämpfung".

Die Mitte-Links-Mehrheit kann im Gemeinderat, der insgesamt 125 Mitglieder umfasst, auf 72 Stimmen zählen. FDP, GLP und SVP stellen hingegen nur 53 Vertreterinnen und Vertreter.

Die im November 2020 eingereichte Volksinitiative "Ein Lohn zum leben" stammt von Gewerkschaften, Hilfswerken und linken Parteien. Sie fordert einen Brutto-Stundenlohn von mindestens 23 Franken "für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, welche auf dem Gebiet der Stadt Zürich eine Beschäftigung verrichten".

Der Stadtrat stufte dieses Anliegen als berechtigt ein. Mindestlöhne würden die Einkommen von Tieflohnbeschäftigten erhöhen, hielt er in seinem Antrag an den Gemeinderat fest. Der Stadtrat legt der Initiative aber einen Gegenvorschlag vor.

Dieser trägt einerseits gewissen rechtlichen Bedenken Rechnung. Andererseits will der Stadtrat die sozialpolitische Ausrichtung der Vorlage verstärken. So sollen Unter-25-Jährige, die über keinen Berufsabschluss verfügen, vom Mindestlohn ausgenommen werden.

Damit soll verhindert werden, dass Aushilfsjobs durch einen Mindestlohn für junge Erwachsene attraktiver werden könnten als eine Berufsausbildung.

Die Gemeinderatskommission spricht sich ebenfalls für diesen Gegenvorschlag aus. Sie beantragt aber noch weitere Anpassungen. So soll etwa für Unternehmen, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befinden, für die Einführung des Mindestlohns eine Übergangsfrist von zwei Jahren gelten.

Zudem soll der Mindestlohn, dessen Höhe der Stadtrat später jährlich überprüfen und anpassen soll, inflationsbereinigt bereits auf 23.90 Franken angehoben werden.

Das Initiativkomitee will die Initiative nun zurückziehen, um damit den Weg frei zu machen für den Gegenvorschlag, wie dieses mitteilte. "Die Kompromisse im Gegenvorschlag sind inhaltlich schmerzlich. Gleichzeitig ermöglichen sie die Einführung eines breiter abgestützten Mindestlohns", wird Lorenz Keller, Präsident des kantonalen Gewerkschaftsbunds zitiert. Sagt der Gemeinderat Ja, könnte der Gegenvorschlag ohne Volksabstimmung in Kraft treten.

Mindestlohn-Initiativen wurden auch andernorts im Kanton Zürich eingereicht. Die Stimmberechtigten in der Stadt Kloten lehnten "Ein Lohn zum Leben" im November 2021 jedoch mit einem Nein-Stimmenanteil von 52 Prozent knapp ab. In Winterthur ist der 23-Franken-Mindestlohn im Parlament pendent. Dort beantragt der Stadtrat in einem Gegenvorschlag einen Mindestlohn von 21.60 Franken.

(sda)


Anzeige
Anzeige

Das könnte Sie auch interessieren

Bianca Andreescu droht erneut längere Verletzungspause
Sport

Bianca Andreescu droht erneut längere Verletzungspause

Die Kanadierin Bianca Andreescu dürfte wiederum längere Zeit ausfallen.

Grüne wollen Initiative für kantonale Wohnbauanstalt lancieren
Schweiz

Grüne wollen Initiative für kantonale Wohnbauanstalt lancieren

Die Grünen Kanton Zürich fordern mittels Volksinitiative die Gründung einer kantonalen Wohnbauanstalt. Diese soll mehr bezahlbaren und nachhaltigen Wohnraum bereitstellen.

Erneut leichtes Erdbeben im Kanton Jura
Schweiz

Erneut leichtes Erdbeben im Kanton Jura

Zum dritten Mal innert einer Woche hat am Montagabend bei Pruntrut JU die Erde gebebt. Der Erdstoss habe eine Stärke von 3,0 auf der Richtersklala gehabt und sei möglicherweise spürbar gewesen, teilte der Schweizerische Erdbebendienst an der ETH Zürich (SED) mit.

Fast jeder 10. arbeitet in Graubünden in Spitälern und Heimen
Schweiz

Fast jeder 10. arbeitet in Graubünden in Spitälern und Heimen

Bündner Spitäler, Kliniken, Pflegeheime und stationäre Sozialinstitutionen beschäftigen neun Prozent aller Arbeitnehmenden im Kanton und erbringen sieben Prozent der kantonalen Wirtschaftsleistung. Das ist das Resultat einer aktuellen Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts BAK Economics.