Tote und Verkehrschaos durch Kälte und Schneestürme in Nordostasien


News Redaktion
International / 26.01.23 07:50

Zigmillionen Menschen in Nordostasien kämpfen mit klirrender Kälte und Schneestürmen, bei denen in Japan allein fünf Menschen ums Leben kamen. Das extreme Winterwetter, das Experten auch als Folge des Klimawandels beschreiben, sorgte in Südkorea und Japan für Flugausfälle und Verkehrschaos. Die Temperaturen fielen auf Rekordtiefstände. Im Norden Chinas an der Grenze zu Russland wurde aus der Stadt Mohe mit minus 53 Grad die niedrigste jemals in der Volksrepublik gemessene Temperatur gemeldet. Auch die Mongolei und Nordkorea litten unter bitterer Kälte.

Autos fahren auf einer schneebedeckten Straße in Seosan in der Provinz South Chungcheong im Zentrum Südkoreas. Foto: YNA/dpa (FOTO: Keystone/YNA/Uncredited)
Autos fahren auf einer schneebedeckten Straße in Seosan in der Provinz South Chungcheong im Zentrum Südkoreas. Foto: YNA/dpa (FOTO: Keystone/YNA/Uncredited)

In Südkorea gab die Wetterbehörde am Donnerstag eine Warnung vor neuem starken Schneefall für die Region um die Hauptstadt Seoul, die westliche Hafenstadt Incheon sowie das angrenzende Küstengebiet heraus. Seit Tagen wird die Halbinsel von einer Kältewelle überrollt, die von Winterstürmen begleitet war. Dutzende Menschen wurden in Seoul wegen Gesundheitsproblemen aufgrund der Kälte auf der Intensivstation behandelt, wie Behörden berichteten.

Durch den starken Wintereinbruch war in Teilen Japans der Bahn- und Strassenverkehr schwer beeinträchtigt. Viele Strassen waren vereist. Tausende Menschen mussten in den westlichen japanischen Präfekturen Kyoto und Shiga die Nacht in Zugabteilen oder Bahnhöfen verbringen. Autofahrer strandeten auf manchen Hauptverkehrsstrassen, wie lokale Medien am Donnerstag berichteten. Hunderte Flüge wurden gestrichen.

Experten sehen ungewöhnliche Wetterphänomene auch als Zeichen des Klimawandels. "Extreme Wetterereignisse sind die neue Normalität", sagte Kevin Trendberth vom US-Zentrum für atmosphärische Forschung (NCAR) dem US-Sender CNN. "Wir können sicherlich damit rechnen, dass Extremwetter schlimmer wird als zuvor." Der Experte Yeh Sang-wook von der Hanyang Universität in Seoul sah einen Zusammenhang zwischen der starken Eisschmelze in der Arktis und den heftigen Schneefällen.

Professor Takashi Nakamura, Klimaexperte an der Universität Tokio, berichtete, dass sich der "Polarwirbel", ein sehr grosser Kaltluftwirbel, der normalerweise über der Arktisregion existiert, gespalten habe. Ein Teil davon sei nach Süden nach Ostasien gewandert und sorge für die gegenwärtige starke Kälte über dem japanischen Archipel, sagte Nakamura der Zeitung "Mainichi Shimbun".

Hinzu komme das Mäandern der Westwinde: Die durchschnittliche Wintertemperatur in Japan steige aufgrund der durch menschliche Aktivitäten verursachten globalen Erwärmung mit einer Geschwindigkeit von 1,19 Grad Celsius pro 100 Jahre, sagte Makamura. Auch wenn die globale Erwärmung fortschreite, könnten extrem niedrige Temperaturen wie jetzt zeitweise aufgrund von Schwankungen auftreten, die durch natürliche Mechanismen wie mäandrierende Westwinde verursacht würden.

Die Kälte und der Schnee beeinträchtigten auch die Reisen zum Neujahrsfest, das nach dem Mondkalender seit Samstag in China und Südkorea begangen wird. Auf Südkoreas Ferieninsel Jeju mussten am Dienstag, dem letzten Ferientag, rund 40 000 Besucher auf ihren Rückflug warten. Alle fast 500 Flüge zur und von der Insel wurden wegen der extremen Wetterlage gestrichen. Im ganzen Land wurden hunderte Fährverbindungen vorübergehend gestoppt.

Die Temperaturen in den meisten Regionen Südkoreas fielen am Mittwoch auf den tiefsten Stand des Winters. Am kältesten war es mit minus 28,1 Grad in Cheorwon an der Grenze zu Nordkorea. In Peking gab es am Mittwoch mit minus 16 Grad auch einen Rekordwert für diesen Winter.

(sda)


Anzeige

Das könnte Sie auch interessieren

Streit um Justizreform: Lage in Israel wird immer dramatischer
International

Streit um Justizreform: Lage in Israel wird immer dramatischer

Mit der Entlassung des Verteidigungsministers Joav Galant wegen Kritik an einer höchst umstrittenen Justizreform hat sich die Lage in Israel dramatisch zugespitzt.

Russische Atomwaffen für Belarus: Nato beobachtet Situation genau
International

Russische Atomwaffen für Belarus: Nato beobachtet Situation genau

Die Nato sieht nach der angekündigten Verlegung russischer Atomwaffen nach Belarus keinen Handlungsbedarf mit Blick auf die eigenen Nuklearwaffen. Man sei wachsam und beobachte die Situation genau, teilte eine Sprecherin am Sonntag mit. "Wir haben keine Veränderungen in Russlands nuklearer Aufstellung gesehen, die uns veranlassen würden, unsere eigene anzupassen", sagte sie. Russlands nukleare Rhetorik sei gefährlich und verantwortungslos.

Brasiliens Präsident Lula sagt China-Reise ab
International

Brasiliens Präsident Lula sagt China-Reise ab

Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat einen Besuch in China wegen einer Lungenentzündung kurzfristig abgesagt. Der medizinische Dienst des Präsidialamtes habe ihm geraten, die Reise zu verschieben, bis die Krankheit vollständig auskuriert sei, teilte der 77-Jährige am Samstag auf Twitter mit. Zuvor hatte Lula bereits seine Abreise um einen Tag auf Sonntag verschoben. Für den Präsidenten wäre dies der erste China-Besuch seit der Rückkehr ins Amt zu Beginn des Jahres gewesen. Beide Länder gehören der Gruppe der grossen Industrie- und Schwellenländer (G20) an.

Trainer Conte bei Tottenham Hotspur entlassen
Sport

Trainer Conte bei Tottenham Hotspur entlassen

Tottenham Hotspur entlässt den Trainer Antonio Conte. Die Trennung des im November 2021 engagierten Italieners ist nach mehreren Monaten interner Spannungen unvermeidlich.