Die Crux mit der Fraktionsgrösse im St. Galler Kantonsrat
Entscheidend für die Beratungen im Kantonsrats sind jeweils die Kommissionen. Dort werden die Geschäfte vorbereitet, es können zusätzliche Informationen in der Verwaltung eingeholt werden und es gibt einen Beschluss. Das Ergebnis ist oft vorentscheidend für die Debatte im Kantonsrat.
In den letzten vier Jahren waren die Grünliberalen von der Kommissionsarbeit ausgeschlossen. Der Grund: Sie konnten mit sechs Mitgliedern keine eigene Fraktion bilden. Dafür braucht es im Kanton St. Gallen sieben Mitglieder.
Die Nachteile zeigten sich etwa bei der Beratung des Polizeigesetzes. Dort gab die Kommission ein Rechtsgutachten bei einer Zürcher Kanzlei in Auftrag, das danach entscheidend für die erfolgreiche Rückweisung der Vorlage war. Den Grünliberalen fehlten für die Debatte die Informationen aus dem Gutachten. Ein Gesuch der GLP um Einsichtnahme lehnte die Kommission ab.
Versuche gescheitert
Seit 2020 versuchte die GLP mehrmals, die Mindestzahl für Fraktionen zu senken. Unterstützung gab es jeweils von SP und Grünen. Eines der Argumente für eine Änderung war der Vergleich mit anderen Parlamenten. So reichen im Nationalrat mit 200 Mitgliedern fünf Sitze für eine Fraktion. Das gleiche gilt im Thurgauer Grossen Rat mit 130 Mitgliedern oder dem Luzerner Kantonsrat mit 120 Mitgliedern.
In der Junisession 2023 lehnte dann aber eine Mehrheit des St. Galler Kantonsrats eine Anpassung der Mindestzahl für die kommende Legislatur ab: Die bisherige Regelung habe sich bewährt, hiess es von FDP, Mitte-EVP und SVP. Die Machtpolitik habe sich durchgesetzt, konterte damals GLP-Kantonsrat Andreas Bisig.
In den Wahlen vom Sonntag ist es der GLP nicht gelungen, einen siebten Sitz zu erobern. Und die Grünen, die ab 2020 erstmals mit neun Sitzen Fraktionsstärke erreicht hatten, verloren drei Mandate und haben nun das gleiche Problem wie die Grünliberalen: Sechs Sitze reichen nicht.
Momentan laufen bei den beiden Parteien die Gespräche über den zweiten Wahlgang für die Regierung am 14. April. Steht fest, wer nochmals antritt, könnte das nächste Traktandum das Problem mit der Fraktionsgrösse sein. Erstmals in neuer Besetzung tagt der Rat im Juni 2024.