Idylle auf dem GC-Campus, Versteckspiel in China und England
Die Medienrunde vor der sechsten Runde in der Super League am Samstag bei Stade Lausanne-Ouchy findet im kleinen Kreis statt. Vier Journalisten haben sich auf dem GC-Campus in Niederhasli eingefunden - zwei bis drei mehr als in den letzten Wochen, schildert ein Stammgast.
Neben dem Eingang in die Räumlichkeiten türmen sich Kartonschachteln. Mit dem Besitzerwechsel, der Klubangaben zufolge nicht so unmittelbar bevorsteht wie von einigen Medien im August berichtet, haben die Kartons nichts zu tun. Sie sind gefüllt mit Fan-Artikeln - Geschenke für den Kids Club.
Der Durchgang ins Gebäude auf dem Campus ist verengt, das Personal grüsst freundlich. Die Ungewissheit um den angestrebten Besitzerwechsel und die damit verbundene ungeklärte Zukunft scheinen an den Angestellten abzuperlen. Auch wenn sich der eine oder andere vielleicht noch an die Worte von Fredy Bickel erinnert, der bei der Übernahme durch die chinesischen Investoren vor drei Jahren seinen Posten als Sportchef nach nur sechs Monaten wieder räumen musste und einsah, dass «ein Eigentümerwechsel meistens auch eine Neuorientierung» bedeutet.
20 Jahre nach dem letzten Meistertitel
Zumindest vor Ort geht es geruhsam zu beim Rekordmeister, dessen letzter Meistertitel nun 20 Jahre zurückliegt. Courant normal im neuen, beschaulich anmutenden GC-Kosmos gewissermassen, der de facto zu einem internationalen Spielball geworden ist. Die Strippen werden in China und in England gezogen. Im Verborgenen geht gerade einiges.
Berichten der Schweizer Boulevardmedien zufolge arbeiten Investoren aus den USA an einer Übernahme, zudem soll es unbestätigten Gerüchten zufolge auch Interesse von zwei Schweizer Parteien geben. Der neue englische Klubpräsident Matt Jackson lässt sich hierzu mit folgenden Worten zitieren: «Wir werden uns zu Gerüchten nicht äussern. Unsere Eigentümergruppe bleibt dem Verein verpflichtet. In diesem Sinne setzen wir unsere Strategie fort, die darauf abzielt, ein langfristiges solides Fundament für den Verein aufzubauen. Gleichzeitig ist es uns wichtig, die Werte und die Geschichte von GC Zürich zu bewahren.» Weitere Auskünfte gibt es zur Thematik von Klubseite nicht.
In den Büros der Entscheidungsträger wird auch als Mittelfeldklub immer noch mit vielen Millionen jongliert. Rund 35 Millionen Franken hat die Fosun-Gruppe um die Verwaltungsrätin Jenny Wang in den drei Jahren seit der Übernahme schon eingeschossen. Im letzten Geschäftsjahr betrug das Defizit 14 Millionen Franken. Die Partnerschaft mit dem englischen Premier-League-Klub Wolverhampton Wanderers brachte den Grasshoppers zwar verschiedene Leihspieler von gehobenem Super-League-Format ein, aber kein Geld und keine Beständigkeit.
Auch weil sich das Konstrukt für Wolverhampton, das Flaggschiff des Fosun-Investments im Fussball, bei dem es finanziell ebenfalls nicht mehr zum Besten bestellt ist, bislang ebenfalls nicht auszahlte, suchen die Besitzer einen Käufer für GC. Vom zu hohen Preis sollen die Chinesen, die 2020 einen einstelligen Millionenbetrag für den damaligen Challenge-League-Klub zahlten, inzwischen abgerückt sein.
Pragmatismus auf dem Transfermarkt
Weil Bruno Berner, der Trainer, an diesem Medientermin vor dem Gastspiel in Lausanne aus privaten Gründen kurzfristig verhindert ist, erscheint der Sportchef Bernt Haas zum Gespräch. Im Bestreben, Licht ins Dunkel zu bringen, kommt das gelegen. Präsident Jackson steht für Auskünfte nur mit längerem Vorlauf zur Verfügung, die Anfrage für ein Gespräch mit Vizepräsident Andras Gurovits wurde vom Klub abgelehnt.
Zwar ist auch Haas nicht in die Geschehnisse um den angestrebten Verkauf involviert. Zumindest zu den sportlichen Belangen ist im Dialog mit dem ehemaligen GC-Spieler aber einiges zu entnehmen. Zum Beispiel, dass der Spardruck zu Pragmatismus zwingt. Dass die Lohnkosten des Spielerkaders signifikant reduziert werden mussten, dass die Zuzüge wegen des engen Korsetts teils auch B-Lösungen sind. Und auch, was Haas' Devise bei der Kader-Zusammenstellung ist: «Kosten einsparen, Identität schaffen, einen Kern bilden.»
Dass der Sportchef in den Stunden vor der Schliessung des Transferfensters in den grossen ausländischen Ligen Zeit hat, ist ein gutes Zeichen. Auch wenn sich Haas zufolge bis zur späteren Deadline in der Super League am 7. September auf dem Transfermarkt noch neue Bewegungen ergeben könnten, wurden die meisten der in grosser Zahl erforderlich gewordenen Verpflichtungen frühzeitig vollzogen.
Mit dem Ergebnis ist Haas sehr zufrieden. «Vieles war finanziell nicht möglich. Unter den Voraussetzungen haben wir das Bestmögliche erreicht», sagt er und verweist auf die Qualitäten von Spielern wie Theo Corbeanu und Awer Mabil sowie das Schweizer Gerüst um Amir Abrashi, Giotto Morandi und Pascal Schürpf. Wie von ihm gewünscht konnte er die Zahl der Leihspieler deutlich reduzieren.
Mannschaft braucht Zeit
Man sei dabei, ein Fundament zu legen und einen Kern zu bilden. Das brauche Zeit, erklärt Haas. Dass er wieder vermehrt Mehrjahresverträge ausstellen konnte und sich nicht mehr so viele Leihspieler im Kader befinden, ist in seinem Sinn. Und dass Bendeguz Bolla nach der fruchtbaren Leihe in der Vorsaison nun bei Servette landete und nicht wieder bei GC, sei kein Zeichen einer ausklingenden Partnerschaft: «An der Zusammenarbeit hat sich nichts geändert. Beide Klubs sind unabhängig, ich kann Wolverhampton nicht vorschreiben, dass ein ehemaliger Leihspieler nicht zu einem Konkurrent in die Schweiz wechselt.»
Nach einer Stunde ist die Gesprächsrunde vorbei. Viele Fragen sind geblieben.