Experte: Separate Beschulung führt zu Kostenexplosion
15 bis 20 Prozent der Kinder seien im klinischen Sinn verhaltensauffällig, sagte der Professor an der Hochschule für Heilpädagogik (HFH) in einem am Donnerstag veröffentlichten Tamedia-Interview. Dazu gehörten Kinder mit Angststörungen, Depressionen, ADHS oder Aggressionen. Diese Quote habe sich in den letzten 70 Jahren nicht verändert.
«Wir hatten zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte - weder in der Schweiz noch in irgendeinem anderen Land - eine Sonderschulquote oder Separationsquote von 15 bis 20 Prozent aller Schülerinnen und Schüler. Manche Kantone haben bereits bei zwei Prozent für den ‹Bereich Verhalten› arge Budgetprobleme», sagte Hövel. Neben ökonomischen Argumenten sei eine separate Beschulung auch nicht zielführende. Studien zeigten, dass der soziale Kontakt zu unauffälligen Gleichaltrigen eine der wichtigsten Ressourcen für verhaltensauffällige Kinder darstelle.
Zusammensetzung der Klassen entscheidend
Relevant für den Erfolg der integrativen Schule ist laut dem Leiter des Instituts für Verhalten, sozio-emotionale und psychomotorische Entwicklungsförderung an der HFF die Klassenzusammensetzung. So werde der Lernerfolg aller negativ beeinflusst, wenn über ein Viertel der Schülerinnen und Schüler auffälliges Verhalten zeigten. «Je gemischter eine Klasse ist, desto weniger schwierig ist sie. Gemischt im Sinne von: Kinder mit unterschiedlichen sozioökonomischen Hintergründen», sagte Hövel.
Dafür wäre eine Zuteilung zu Schulhäusern denkbar, die nicht mehr primär über die Wohnortnähe erfolge. Als Beispiel nannte Hövel die Stadt Uster ZH: «Der Schulweg war dann für manche ein paar Minuten länger, dafür waren die Klassen gemischter zusammengesetzt. Uster war erfolgreich damit.» Die Zuteilung könne aber auch innerhalb derselben Schule angepasst werden, so Hövel. «Das sind durchaus Ansätze, die man sofort umsetzen könnte.»