Musiker und Vater: das neue Album «Stranger» von Andrea Bignasca
Andrea Bignasca ist seit zwei Jahren Vater. Nach der Geburt seiner Tochter Cecilia hat er sich eine Pause von der Musik gegönnt, «ein bisschen gezwungen, aber gerne genommen», sagte er der Nachrichtenagentur Keystone-SDA im Gespräch. Nun erscheint sein neues Album «Stranger». Wie ein roter Faden ziehe sich sein Vatersein durch das Album, angefangen beim Titelsong.
Der Song «Stranger» sei denn auch repräsentativ für das Album. «Er ist definitiv einer meiner Lieblingssongs, den ich live spielen werde.» Er empfindet den Song als «neuen Höhepunkt der Intensität» nach ‹Trouble› auf seinem ersten Album «Gone».
Bignasca hat 2013 seine Karriere als Solo-Musiker begonnen. Sein erstes Studioalbum «Gone» erschien 2015. Seither ist er rund 200 Mal in der Schweiz aufgetreten, etwa am Montreux Jazz Festival, am Gurten Festival oder bei Zermatt Unplugged. 2018 stand er erstmals auch in Deutschland auf der Bühne. «Stranger» ist sein viertes Album.
Fremd, doch in Liebe verbunden
«Im Grunde sind wir alle einander fremd», erklärte er den Titel. «Meine Tochter, die ich nicht kannte, ich selbst in der ungewohnten Situation als Vater, und das Gleiche gilt für meine Partnerin, ebenso wie für diese Songs, die neu sind.» Was jedoch alles miteinander verbinde, sei die Liebe."
Als Musiker triebt ihn zu Beginn der «Hunger nach Musik» an, wie er es ausdrückte. Aber die Umstände hätten sich geändert. «Früher konnte ich es mir leisten, auf Lieder zu warten. Jetzt muss ich etwas mehr auf die Suche nach ihnen gehen.» Er findet dafür das Bild eines Fischers, der nach Liedern fischt und sich kein Nickerchen mehr leisten kann.
«Ich habe versucht, mich an den anfänglichen Hunger zu erinnern und an den Mut, den es brauchte, um mich in meine Karriere zu stürzen». Er sei «etwas desillusionierter» - auch ein Thema auf dem neuen Album. «Früher bin ich morgens für die Musik aufgewacht. Das hat sich etwas verschoben, weil es einen Mund mehr zu füttern gibt» - von der einstigen Leidenschaft hin zur Notwendigkeit, dem Job. Dennoch möchte er seiner Tochter ein Vater sein, der ihr zeigt, dass «er das, was er liebt, mit Leidenschaft und Respekt tut.» Die Kehrseite dieser Medaille ist sein Leben auf Tour. Denn es entferne ihn von seiner Tochter. Deswegen machte er sich zu Regel, nie länger als zwei Wochen am Stück abwesend zu sein.
Das gilt auch für seine anstehende Tour, die er Ende Oktober im niederbayrischen Viechtach beginnt. «Das ist so etwas wie ein Null-Termin» sagte Bignasca. Er tritt dort im Alten Spital auf, «ein Ort, der mir sehr am Herzen liegt.» Bignasca war bereits drei Mal dort, unter anderem mit seinem Vater. Bis 1. Februar tourt er dann vor allem durch die Deutschschweiz, mit einem Auftritt in Lugano und einem Abstecher in die Niederlande.
Song auf Italienisch für die Tochter
«Stranger» umfasst elf Lieder, eines davon auf Italienisch: «Tutto tuo» mit einer Cello-Begleitung. Es ist seiner Tochter gewidmet. «In diesem Lied spreche ich über den Hunger, der mich dazu gebracht hat, von der Musik zu leben, und über die anfänglichen Ängste und Freuden, die denen des Vaterseins sehr ähnlich sind.»
Bignasca wurde 1988 bei Lugano im Tessin geboren und ist dort auch aufgewachsen, in einem Umfeld, in dem italienisch und deutsch gesprochen wurde. Nun sagte er: «Ich wollte schon lange ein Lied auf Italienisch machen.» Seit vier Jahren lebt er in Lissabon.
«Stranger» klingt weniger rau als die Vorgängeralben, es ist aufwendiger arrangiert, mit mehr Instrumenten. Dafür steht etwa der Opener «A song». Bignasca wollte sich «ein wenig von dem entfernen, was eine Band in einem Raum ganz natürlich spielt. Vor allem Keyboards und Schlagzeug erinnern ein wenig an die 1980er Jahre. Reifer vielleicht, wollte ich auch eine Veränderung im Sound signalisieren.»
Nicht geändert hat Bignasca hingegen, wie er das Album als Ensemble konzipiert hat. «Die Songs kommen immer in Clustern von mir.» Zuerst hat er die Musik geschrieben, dann den Text. Aufgenommen hat er in Seregno, in Norditalien, im Magnitude Studio von Matteo Magni. Bei diesem handelt es sich um seinen Tontechniker bei Konzerten, und mit diesem hat er bereits beim vorletzten Album «Keep me from drowning» (2021) zusammengearbeitet.