Curling-Erfolg in den Genen: Corrie Hürlimann und Co. mit EM-Debüt
An den letzten sechs Weltmeisterschaften holten die Schweizerinnen viermal Gold und zweimal Silber. Auch an den vergangenen drei Europameisterschaften standen sie im Final - die letzten beiden gewannen sie. Mit dabei waren jedes Mal Silvana Tirinzoni und Alina Pätz.
Doch an den Schweizer Meisterschaften im Februar musste sich das Team des CC Aarau im Halbfinal den Zugerinnen geschlagen geben. Weil Celine Schwizgebel, Stefanie Berset, Marina Loertscher und Corrie Hürlimann in der Folge auch den Final gegen GC Zürich (Xenia Schwaller) gewannen, dürfen sie nun ab Samstag im finnischen Lohja erstmals an einer EM teilnehmen. Eine Überraschung war der Coup für Hürlimann nicht: Sie hätten zuvor mit guten Turnieren sehr viel Selbstbewusstsein aufgebaut. «Wir glaubten wirklich daran, dass wir es schaffen können», sagt sie im Rahmen eines Mediengesprächs in Zug.
Vater als Vorbild
Dennoch ist der Erfolg erstaunlich, spielen die vier doch erst seit Ende November 2024 zusammen. Liegt es an den Genen? Die 27-jährige Corrie Hürlimann ist die Tochter von Patrick Hürlimann, der 1998 in Nagano als Skip Olympia-Gold geholt hat. Dessen Frau Janet (geboren Omand) war ebenfalls eine Top-Curlerin - 1992 gewann sie WM-Bronze. Heute ist sie die Trainerin des Zuger Teams. Corries Schwester Briar, die mit dem Skip der Schweizer Männer-Equipe in Lohja, Yannick Schwaller, verheiratet ist, gehörte 2023 zum WM-Goldteam von Tirinzoni.
Für Corrie Hürlimann war ihr Vater das Vorbild. Ab und zu kommt er nun in ihre Einzeltrainings, aber grundsätzlich hält er sich raus. Ihre Mutter dagegen trainiert sie schon von klein an. Corrie Hürlimann betont aber: «Meine Eltern haben uns nie dazu gedrängt, Curling zu spielen. Meine Schwester begann erst mit 14 Jahren. Wir übten verschiedene Sportarten aus - ich spielte Tennis, Handball. Mir war aber schon früh klar, dass ich Curling machen möchte.»
Auch Loertscher mit Erfolgsgenen
Doch nicht nur Corrie Hürlimann bringt erfolgreiche Curling-Gene ins Zuger Team ein. Marina Loertschers Vater Patrik gehörte 1998 ebenfalls zur Equipe von Patrick Hürlimann, und spielte - wie nun seine Tochter - auf der dritten Position. «Ich habe ebenfalls viel getestet: Schwimmen, Reiten, Skifahren und auch Tennis», erzählt die 26-jährige Marina Loertscher. An Olympischen Spielen verfolgte sie jeweils mit ihrer Mutter im Fernsehen Curling - ihr Vater kommentiert noch heute. «Er wusste immer im Voraus, was die Teams machen. Ich fand das mega krass. Eines Tages wollte ich es auch ausprobieren.»
Stefanie Berset rückte anstelle von Sarah Müller ins Zuger Team. Der Vater von Sarah Müller, Daniel, gehörte ebenfalls zur erfolgreichen Schweizer Olympia-Equipe von 1998. Die vorherige Konstellation war also noch spezieller als die aktuelle. Speziell ist auch, dass sowohl Loertscher als auch Berset Sportwissenschaften studieren. Corrie Hürlimann hat Wirtschaftswissenschaften studiert und absolviert nun ein Praktikum, wobei sie sehr flexibel ist und sogar vom Ausland aus arbeiten kann. Das Gleiche gilt für Celine Schwizgebel, die derzeit noch ein 80-Prozent-Pensum hat, dieses aber reduziert.
Intensives Mentaltraining
Für die EM ist das Minimalziel der 7. Rang, der gleichbedeutend mit der direkten Qualifikation für die WM im kommenden März ist, wobei noch nicht feststeht, wer die Schweiz dann vertreten wird. «Wir wissen, es wird eine harte Woche», sagt Hürlimann. «Die meisten Teams haben schon mehrere Europa- und Weltmeisterschaften und sogar Olympische Spiele gespielt.» Die grösste Herausforderung wird angesichts der Unerfahrenheit auf diesem Niveau sein, konstant gute Leistungen zu bringen. «Im Curling müssen so viele Faktoren zusammenpassen, um die Topteams regelmässig zu bezwingen», betont Hürlimann. «Wir haben im Mentaltraining intensiv daran gearbeitet, dass jeder seine Rolle auf dem Eis umsetzen kann, damit wir das Beste aus dem Team herausholen können. Die mentale Belastung ist enorm. Gerade auf dem Topniveau ist es oft der Kopf, der den Unterschied macht.»
Den letzten Schliff für die EM holte sich das Quartett in der vergangenen Woche während eines dreitägigen Mini-Camps in Biel. «Es ging darum, ein gutes Gefühl zu bekommen», erzählt Berset. Wobei die Titelkämpfe in Lohja bloss der erste Schritt sein sollen. Das Fernziel sind die Olympischen Spiele 2030 in Nizza und den französischen Alpen. Auch dann sollen die Schweizer Curling-Fans wieder jubeln können.
Schweizer Männer bereit für die neuerliche Titeljagd
Im Gegensatz zu den Frauen hat das EM-Team der Männer mit Pablo Lachat-Couchepin, Sven Michel, Skip Yannick Schwaller und Benoît Schwarz-van Berkel schon viel internationale Erfahrung. In dieser Besetzung gewann das Quartett sowohl an Welt- als auch an Europameisterschaften je einmal Silber und Bronze.
An der WM im Frühling im kanadischen Moose Jaw fehlte den Schweizern im hochklassigen Final gegen Schottland (4:5) äusserst wenig zum Coup. «Es hat nach der WM in Schaffhausen (7.) und dem 4. Platz an der letzten EM enorm gutgetan, dass wir für einmal unser ganzes Potenzial zeigen konnten», sagt Sven Michel im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Daran möchte das Team CC Genf in Finnland anknüpfen. Die bisherigen Resultate in dieser Saison - zuletzt erreichten die vier am Grand-Slam-Turnier in Tahoe die Halbfinals - stimmen die Schweizer positiv. «Wir sind gut drauf», so die Worte von Schwaller. Michel ergänzt: «Wir wissen, dass wir jedes Team schlagen können.» Zu einem Sieg an einem grossen Turnier würden nur noch Details fehlen. «Was wir noch perfektionieren müssen, ist, dass wir in den wichtigsten Situationen ganz ruhig bleiben und genau gleich spielen wie beim Stand von 0:0 im ersten End.»
Der achte und letzte EM-Titel einer Schweizer Männer-Equipe liegt mittlerweile zwölf Jahre zurück. Es wäre also an der Zeit, dieser Durststrecke ein Ende zu setzen - wobei die Konkurrenz, angeführt von den Schotten, sehr gross ist.