Der Davoser Jäger, der den HCD abschiessen will
Laut dröhnt die Musik aus der Garderobe der Lausanner im Davoser Eishockey-Tempel. «Live is Life», der Kultklassiker der österreichischen Band Opus, aufgelegt vielleicht von Captain Michael Raffl aus Villach. Der Lausanne Hockey Club lebt noch, nach dem «Rebreak» und dem Ausgleich zum 1:1 in der Serie erst recht. Verantwortlich für die gute Laune ist vor allem ein Mann: Ken Jäger.
Dreizehn Minuten vor Spielende hat er das entscheidende 3:2 für die Waadtländer erzielt - und trotz seiner Davoser Vergangenheit gejubelt. Zu später Stunde ist er dann einer der letzten, die aus der Garderobe Richtung dem wartenden Car schlendern. Vermutlich fühlt er sich hier derart daheim, dass er kaum wieder raus möchte. «Ja, sicher ist es für mich immer noch speziell, hierher zu kommen», gibt der 25-jährige Center zu. «Ich bin hier aufgewachsen, habe 15 Jahre hier gespielt. Es ist immer schön zurückzukommen.» Nach dem Spiel begrüsste er auch noch speziell seine Eltern im Stadion.
Der Umweg über Schweden
Jäger hat einen ungewöhnlichen Weg hinter sich. Er musste in die Ferne schweifen, um sein sportliches Glück zu finden. Beim HCD konnte sich der Junioren-Internationale nicht durchsetzen, wurde teilweise in die Swiss League zu Visp abgeschoben und machte unter dem damaligen Coach Arno Del Curto nur fünf Spiele in der ersten Mannschaft. Jäger wechselte deshalb für zwei Jahre nach Schweden, ehe er 2020 - mitten in der Pandemie - in Lausanne landete.
Dort hat er sich zu einer Teamstütze entwickelt und übernimmt immer mehr Verantwortung. Geoff Ward schätzt den Bündner, und obwohl er kaum Französisch spricht, ist er nun schon in der zweiten Saison Assistenz-Captain. Erstmals erzielte Jäger heuer ein Dutzend Tore, dazu wird er neben dem Powerplay auch in Unterzahl gerne eingesetzt.
Freude am Playoff-Hockey
Fünfmal traf er in dieser Saison in Überzahl, ein kleiner Lichtblick in einem der schlechtesten Powerplays der Liga - auch wenn Ward dies nicht gerne hört. «Jetzt kommt ihr mir wieder mit dem Powerplay». meint der soeben als bester Coach der National League ausgezeichnete Kanadier leicht gereizt. «Schreibt doch, was ihr wollt.» Dabei hatten die Journalisten bloss darauf hingewiesen, dass dieses am Dienstagabend mit zwei Treffern endlich wieder einmal gut funktioniert habe. Ken Jäger macht keinen Hehl daraus, dass dies wichtig sei. «Es ist gut für das Selbstvertrauen.»
Lausanne, der Dritte der Qualifikation, und das sechstplatzierte Davos liefern sich den erwartet engen Schlagabtausch. Alle sechs bisherigen Spiele in dieser Saison endeten mit einem Tor Differenz, drei - darunter der Viertelfinal-Auftakt am Sonntag - sogar erst in der Verlängerung oder im Penaltyschiessen. «Beide Teams sind in Form, beide wissen genau, wie sie es hierher geschafft haben», sagt Geoff Ward. «Es gibt keine Geheimnisse, es geht nur darum, ganz wenig an den Schräubchen zu drehen.» Bis jetzt biete die Serie «alles, was Playoffs so toll macht». «Es macht Spass, viel Spass», freut sich auch Jäger.
Der Strafbank fernbleiben
Einen Kritikpunkt fand Ward allerdings: die vielen Strafen. Acht waren es am Dienstag. Immerhin funktionierte das Unterzahlspiel mit nur einem Gegentreffer sehr gut. «Das ist schon die ganze Saison so», freut sich der Cheftrainer. Dennoch wünscht er sich etwas mehr Disziplin. «Wir müssen die Beine brauchen, um zu checken, und wir müssen die Stöcke und Hände von den gegnerischen Köpfen und Händen fernhalten.» Auf der Strafbank werden selten Spiele und erst recht nicht Serien gewonnen.
Es würde überraschen, wenn die Serie zwischen Lausanne und Davos nicht über sechs oder sieben Spiele gehen würde. Das heisst, dass Ken Jäger den langen Weg ins Landwassertal in diesem Frühjahr noch zweimal nehmen kann. «Ich hoffe schon, dass die Davoser mich jetzt nicht hassen», meint er lächelnd. Aktuell arbeitet er allerdings hart daran, sich in der Heimat unbeliebt zu machen.