Die epochale Baisse der Young Boys akzentuiert sich weiter
Es ist ein Kontrast, der die Gefühlslage in Fussball-Bern und -Basel an diesem Sonntagabend wunderbar einfängt. Während sich die Spieler des FCB minutenlang vor der Muttenzerkurve feiern lassen nach diesem erkämpften 1:0, trotten die Spieler der Young Boys einer nach dem anderen wortlos und mit leerem Blick in die Kabine.
Von Ballmoos' Gabe
Nur einer biegt in die mit grünem Teppich ausgelegte Mixed Zone ab. Weil er muss. Weil es in seinem Pflichtenheft als Captain steht. So steht also David von Ballmoos, der erfolgreichste Spieler in der YB-Geschichte, vor einer Handvoll Mikrofone und versucht, Worte dafür zu finden, weshalb diese Young Boys gerade Lichtjahre von ihrer Meisterverfassung entfernt sind. Weshalb sie in der neunten Meisterschaftsrunde bereits zum fünften Mal verloren und erst einmal gewonnen haben.
Sie hätten sich gut gewehrt und mit einem Mann weniger nicht viel zugelassen, sagt der Goalie und beweist damit, die Gabe zu besitzen, mit der im floskelbehafteten Business des Fussballs viele Akteure gesegnet sind: Positives hervorzuheben, wenn nicht viel Positives da zu sein scheint. Das nötige Glück habe dem Team gefehlt, fügt der Emmentaler an und bedient sich damit weiter im Satzbaukasten der Floskeln. Denn schliesslich hätten die Berner mit dem Kopfball von Mohamed Ali Camara beinahe spät noch den Ausgleich geschafft.
Auf ihrem Weg zum Serienmeister war das stets eine Qualität der Berner. Aus wenigen Chancen maximalen Ertrag zu erzielen. Das weiss von Ballmoos, das weiss aber auch Patrick Rahmen, der Trainer, der im Sommer die Mission angetreten hat, die Berner Vorherrschaft im Schweizer Fussball fortzuführen.
Rahmens fehlende Argumente
Auch der Basler wird an diesem Sonntag an seiner früheren Wirkungsstätte nach Gründen für die Berner Krise gefragt. Auch er sagt Sätze, die er in dieser Saison schon zigfach in Mikrofone in zig Interviewzonen zwischen St. Gallen und Barcelona diktiert hat. «Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Jeder hat bis zum Schluss gekämpft», sagt Rahmen, der betont, dass seine Mannschaft bis zur «berechtigten» Roten Karte gegen Sandro Lauper einen guten Match gezeigt habe.
Auch wenn seine Worte kämpferisch wirken – auch in Rahmens Augen ist eine Leere sichtbar, als er gefragt wird, ob er sich um seinen Job fürchte. Der 55-Jährige weiss, wie das Fussballgeschäft läuft. Er weiss, dass er abgesehen von der geglückten Qualifikation für die Ligaphase der Champions League wenig sportliche Argumente auf seiner Seite hat, die dafür sprechen, dass er auch nach der zweiwöchigen Nationalmannschaftspause noch YB-Trainer sein wird.
«Ich bin täglich im Austausch mit der sportlichen Leitung um Christoph Spycher und Steve von Bergen», sagt Rahmen. «Wir werden uns auch morgen sehen, wenn die Spieler frei haben.» Was er zu diesem Zeitpunkt nicht weiss: Sportchef von Bergen tauschte sich nach Spielschluss in den Katakomben intensiv mit Assistenztrainer Zoltan Kadar aus. Gut möglich, dass der 58-jährige Rumäne am Montag erneut zum interimistischen Chef ernannt wird.