Die Schweiz mit zu vielen Neuen und zu wenig Wirkung
«Es war nicht alles so schlecht, was wir gezeigt haben», wollte Nationalcoach Murat Yakin festgehalten haben. Rechnerisch lässt sich die Aussage nicht stützen. Mit null Punkten und einem Torverhältnis von 1:6 ist der Start in die Nations League deutlich misslungen. Hinter den Zahlen versteckt sich aber das eine oder andere, das Mut machen kann oder als Erklärung dient für das 0:2 in Dänemark und das 1:4 gegen Spanien.
Schon am ersten Tag des Zusammenzuges hatte Nationalmannschafts-Direktor Pierluigi Tami für die Nations League nebst den blossen Resultaten den Aufbau einer neuen Mannschaft als Ziel ausgegeben. Neue Spieler sollen integriert werden, schliesslich ist mit Yann Sommer, Xherdan Shaqiri und Fabian Schär ein Trio mit über 300 Länderspielen zurückgetreten.
Weil nun aber gegen Spanien auch noch Granit Xhaka und Nico Elvedi gesperrt ausfielen und zudem Dan Ndoye beide Partien verletzt verpasste, musste Yakin gar massiv umstellen. «Uns fehlten vielleicht etwas die Automatismen», meinte Manuel Akanji, der Xhaka am Sonntagabend in Genf als Captain vertrat. Auch Yakin sprach die fehlende Erfahrung an und bedauerte eine mangelnde Cleverness. «Wir haben die Geduld verloren bei unseren Angriffen», sagte er nach dem Spiel gegen Spanien und der enttäuschend ideenlosen zweiten Halbzeit.
Sowohl der Captain als auch der Nationalcoach sprachen Grundlegendes an, Akanji etwa die ungenügende Kommunikation bei den vier Gegentoren und Yakin die Entschlossenheit beim Verteidigen. Für Remo Freuler ist klar, dass die defensive Arbeit verbessert werden muss: «Das fängt vorne an und hört hinten auf.» Für Michel Aebischer fehlte es ganz vorne am entscheidenden Pass, an der Aktion, die Torchancen bringt.
Das Glück erarbeiten
In beiden Länderspielen zeigte die Schweiz wenig Effizienz in den Strafräumen. «Wir haben uns in den Schlüsselmomenten nicht belohnt», so Yakin. Zwar spielte die Schweiz phasenweise gut und dominant, in Dänemark eine knappe Halbzeit lang, gegen die zehn Spanier am Sonntagabend etwas länger. Aber was dabei an Torchancen heraussprang, war zu wenig, und in der Defensive machte die Schweiz nie einen annähernd so sicheren Eindruck wie noch an der EM.
Nein, Sorgen mache er sich keine, sagte Freuler. «Wir wissen, was wir ändern müssen.» Es gebe einiges zu bereden, «wenn wir uns im Oktober wieder treffen», blickte Akanji voraus. Yakin betonte, dass seine Mannschaft auch das Glück dieser Tage nicht auf ihrer Seite hatte. Da war der Platzverweis in Kopenhagen gegen Nico Elvedi, der für so viel Unverständnis bei den Schweizern gesorgt und die Niederlage eingeleitet hatte. Gegen Spanien gab es einen Lattenschuss und zwei nicht anerkannte Tore.
Es gelte, sich das Glück zu erarbeiten, fordert Yakin. Abgeklärtheit und Entschlossenheit, die insgesamt in den beiden Spielen zu oft gefehlt haben, sind dafür entscheidend. Breel Embolo, Ruben Vargas und Zeki Amdouni zeigten in Genf in der starken Viertelstunde vor der Pause alle die Eigenschaften, die die Schweiz braucht, um sich die gefährlichen Aktionen herauszuspielen. Das Trio war - auch wenn es in der zweiten Halbzeit nicht mehr oft in Erscheinung trat - ein Versprechen für die nächsten Wochen.
Nicht für alle gibt es eine Alternative
Was das Personal angeht, hat Yakin die eine oder andere Erkenntnis gewonnen. Granit Xhaka ist als Spielmacher nicht zu ersetzen, Silvan Widmer auf der rechten, defensiven Aussenbahn der Wirkungsvollste und Gregor Kobel ein sicherer Wert als Nachfolger von Sommer. Dan Ndoye wurde als Impulsgeber vor allem gegen Dänemark schmerzlich vermisst. Und die weniger erfahrenen, am Sonntag in die Mannschaft gerutschten Becir Omeragic und Gregory Wüthrich müssen sich ans Länderspiel-Niveau herantasten.
Auch wenn es zum Auftakt der Nations League keine Punkte gab, so doch einige Infos, mit denen sich arbeiten lässt. «Wir werden gestärkt zurückkommen», versichert Yakin und erinnert: «Wir sind schon mal mit drei Niederlagen in die Nations League gestartet.» Vor zwei Jahren folgten auf das Tief in einer Gruppe mit Spanien, Portugal und Tschechien drei Siege und der Klassenerhalt.
Ähnliches muss der Schweiz auch im nächsten Monat gelingen, wenn es am 12. Oktober in Serbien und am 15. Oktober in St. Gallen gegen Dänemark mit der Nations League weitergeht. «Wir müssen sechs Punkte holen», gab Akanji bereits kurz nach dem Match in Genf den Ton für den nächsten Zusammenzug an.