Früherer Ferrari-Chef Binotto übernimmt Leitung bei Sauber
Nicht mehr dabei sein wird dann der Deutsche Andreas Seidl. Der 48-Jährige, bislang Geschäftsführer der Sauber Motorsport AG, scheidet im Rahmen der Neuausrichtung des Projekts ebenso aus wie Oliver Hoffmann, bisher Vorsitzender der Verwaltungsräte der Sauber Gruppe. Seidl war zwischen 2019 und 2022 schon Teamchef beim britischen Traditionsrennstall McLaren, ehe er diesen verliess und sich dem Audi-Projekt anschloss.
«Ich freue mich, dass wir Mattia Binotto für unser ambitioniertes Formel-1-Projekt gewinnen konnten», sagte Gernot Döllner, Vorsitzender des Vorstands der Audi AG: «Mit seiner grossen Erfahrung aus über 25 Jahren Formel 1 wird er mit Sicherheit einen entscheidenden Beitrag für Audi leisten können.»
Binotto war von Anfang 2019 bis Ende 2022 für die Formel-1-Belange bei Ferrari verantwortlich, ehe er durch den damaligen Sauber-Teamchef Fred Vasseur ersetzt wurde. Binottos offizielle neue Funktion bei Audi ist die des Chief Operating und Chief Technical Officer. Diese trägt die Verantwortung für die operative Geschäftsführung und den sportlichen Erfolg des Rennteams.
Machtkampf mit nur Verlierern
Dass bei den Vorbereitungen für Audis Formel-1-Einstieg 2026 nicht alles nach Plan läuft, ist kein Geheimnis. Während man bei der Entwicklung des neuen Motors in Neuburg an der Donau zwar die selbst gesteckten Ziele erreicht, hinkt das zukünftige Werksteam den eigenen Erwartungen in diesem Jahr weit hinterher. Als einziges Team steht Sauber 2024 nach 13 Saisonrennen noch ohne WM-Punkte da.
Dass es auf der Führungsebene nun zum grossen Knall kam, überrascht deshalb nicht. In den letzten Wochen wurden immer wieder Gerüchte laut, wonach an der Spitze des Teams ein Machtkampf schwelt. Eigentlich stand Seidl die operative Leitung des Formel-1-Projekts zu. Doch Verwaltungsratschef Oliver Hoffmann soll sich mehr ins Geschäft eingemischt haben, als Seidl lieb war. Damit wurden wichtige Entscheide in Bezug auf Personal und dem Ausbau der Infrastruktur in Hinwil hinausgezögert oder gar nicht getroffen.
Nun hat Audi aus der verfahrenen Situation die Konsequenzen gezogen. Aus der offiziellen Mitteilung klingt durch, dass man die Strukturen für zu kompliziert und die Prozesse zu langwierig hielt. So jedenfalls sind die Worte von Vorstandschef Döllner zu deuten: «Unser Ziel ist es, das ganze Formel-1-Projekt durch klare Führungsstrukturen, eindeutige Verantwortlichkeiten, reduzierte Schnittstellen und effiziente Abstimmungsprozesse auf Formel-1-Speed zu bringen. Dazu muss das Team eigenständig und schnell agieren können.»
Binotto zurück im Geschäft
Mit der Koordination des Formel-1-Projekts an den Standorten in Neuburg und in Hinwil im Zürcher Oberland steht Binotto vor einer grossen Herausforderung. Doch der in Lausanne geborene, 54-jährige Italiener weiss von seiner Zeit bei Ferrari, wie ein Werksteam funktioniert und wie man Chassis und Motor am besten «verheiratet». Binotto hat seit 1995 in unterschiedlichen Funktionen im Formel-1-Geschäft gearbeitet und ist damit auch politisch exzellent vernetzt.