Nadal und die Magie von Paris
Für Rafael Nadal stand es ausser Frage, wie Novak Djokovic in Genf vor dem French Open noch ein Turnier einzuschieben, um mehr Matchpraxis zu erhalten. Viel lieber reiste er so früh wie möglich nach Paris. «Dieser Platz ist für mich einfach magisch», schwärmt der bald 38-jährige Spanier. «So viele Dinge sind für mich hier passiert, die man sich schwer vorstellen konnte.»
Hilft diese Magie auch dabei, seinen geschundenen Körper zu heilen? Die Frage entlockt Nadal ein Schmunzeln. «Nein, so weit geht die Magie dann auch wieder nicht.» Dennoch betont er, dass er sich physisch so gut fühle wie lange nicht mehr. «Ich kann wieder ohne Einschränkungen in alle Richtungen rennen, das ist ein Fortschritt.» Nadal fühlt sich gut genug, um nicht auszuschliessen, dass weitere French Open dazu kommen.
Nadal will nichts ausschliessen
«Ja, die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass dies mein letztes French Open ist», sagt er. «Aber ich kann nicht sagen, dass dies zu hundert Prozent so ist.» Er habe nach einer komplizierten Verletzung lange an seinem Comeback gearbeitet. «Da will ich jetzt nicht komplett etwas ausschliessen. Ich liebe das Tennis, ich kann mit meiner Familie reisen und wir sind alle glücklich.» 2023 musste er sich an der Hüfte operieren lassen, und im zweiten Turnier nach seiner Rückkehr im Januar zog er sich eine Muskelverletzung zu.
Doch seit ein paar Wochen gehe es aufwärts. Im Training, unter anderen mit Stan Wawrinka und Holger Rune, machte Nadal vergangene Woche einen fitten Eindruck. «Im Training fühle ich mich gut», bestätigt Nadal. «Da kann ich es mit jedem aufnehmen.» Er habe sich aber auch in Rom schon gut gefühlt, doch dann gab es «ein Desaster» (1:6, 3:6 in der 2. Runde gegen Hubert Hurkacz). «Aber wenn ich nicht tief in meinem Herzen die Hoffnung hätte, hier Erfolg zu haben und etwas Schönes zu erreichen, würde ich nicht hier sitzen.»
Um Erfolg zu haben, muss Nadal gleich zum Auftakt am Montag eine gewaltige Hürde überwinden. Er trifft in der 1. Runde auf die Weltnummer 4 Alexander Zverev, den nach dem Sieg in Rom aktuell formstärksten Spieler der Tour. Das hat auch etwas Gutes für den 14-fachen Champion: Er wird ohne jeglichen Druck auf den Platz gehen können, eine Niederlage gegen einen der Turnierfavoriten wäre alles andere als unwürdig.
Zverev auf und neben dem Platz gefordert
Etwas heikler ist die Ausgangslage für Zverev. Der Deutsche kann nur verlieren. «Als mir mein Bruder die Auslosung mitteilte, dachte ich erst an einen Scherz», gibt der 27-Jährige aus Hamburg zu. Er habe gehofft, noch einmal in Paris gegen Nadal spielen zu können. Vor zwei Jahren knickte er in einem hochklassigen Halbfinal gegen den Spanier im Tiebreak des zweiten Satzes um und riss sich mehrere Bänder im Knöchel. Zverev musste im Rollstuhl vom Platz gefahren werden. «Ich wollte nicht, dass dies meine letzte Erinnerung gegen Nadal bleibt.» Allerdings hätte er sich das Duell nicht gerade in der 1. Runde gewünscht.
Auch auf anderer Ebene stehen Zverev komplizierte Wochen bevor. Am 31. Juli beginnt in Berlin der Prozess gegen ihn wegen Körperverletzung. Er soll eine Frau bei einem Streit misshandelt haben. Der Tennisprofi war zu einer Busse von 450'000 Euro verurteilt worden. Da er aber von seiner Unschuld überzeugt ist, legte er Rekurs ein. Selber vor Gericht erscheinen muss Zverev nicht, er zeigt sich deshalb überzeugt, dass er auf dem Tennisplatz nicht vom Prozess beeinträchtigt wird.
Das ist gut so. Er wird es am Montag nicht nur mit einem wieder zuversichtlicheren Nadal, sondern auch mit 15'000 diesen lautstark und nicht immer fair unterstützenden Zuschauern sowie der Magie von Paris aufnehmen müssen.