Odermatt siegt trotz Schrecksekunde - erneut vor Meillard
Der Kroate Filip Zubcic hatte ihn mit einer «Traumfahrt» im zweiten Lauf Mitte Dezember in Alta Badia mächtig herausgefordert, gut fünf Wochen später in Schladming hoffte der Österreicher Manuel Feller von einem seiner wenigen Patzer profitieren zu können, der Norweger Henrik Kristoffersen glaubte vor sieben Tagen in Palisades Tahoe in Kalifornien mit einem ganz starken Auftritt im zweiten Durchgang ihn bezwungen zu haben. Die gleichen Gedanken gingen Meillard am Freitag in Aspen im Ersatzrennen für den Ende Oktober auf dem Rettenbach-Gletscher oberhalb von Sölden abgesagten Prolog durch den Kopf.
Doch Odermatt hatte auf alles eine Antwort parat. Er zog jedes Mal den Hals noch aus der Schlinge, er befreite sich aus jeder noch so heiklen Situation - und stand am Ende doch wieder als Gewinner da. Auf saisonübergreifend zwölf Siege in Weltcup-Riesenslaloms baute er seine ausserordentliche Serie mittlerweile aus.
Die heikle Situation
Im zweiten Riesenslalom in Aspen hatte Odermatt im zweiten Lauf sogar eine ganz heikle Situation zu meistern. Nach wenigen Toren rutschte er weg und vermochte das Ausscheiden mit etwas Glück, vor allem aber dank seinem Können zu verhindern. Trotz des zeitraubenden Patzers setzte er sich an die Spitze der Rangliste - und liess auch die zwei Konkurrenten, die im ersten Durchgang etwas schneller waren, in der Endabrechnung hinter sich. Meillard machte den zweiten Schweizer Doppelerfolg innert 24 Stunden perfekt. Der junge Norweger Alexander Steen Olsen fand sich nach seiner Halbzeit-Führung und nach einem schweren Patzer im Schlussklassement auf Platz 17 wieder.
Drittbester Schweizer war erneut Thomas Tumler. Der Bündner bestätigte nach zweimal Rang 4 seine ausgezeichnete Verfassung mit Platz 8, zwei Positionen vor Gino Caviezel, ein weiteres Mal.
Noch zwei weitere erste Plätze in den verbleibenden Riesenslaloms des Winters in Kranjska Gora in Slowenien, wo er die Phase der Ungeschlagenheit mit einer Doublette vor einem knappen Jahr eingeläutet hatte, und beim Finale in Saalbach-Hinterglemm im Salzburgerland - und selbst die für die Ewigkeit gedachte Bestmarke des Schweden Ingemar Stenmark von 14 ersten «Riesen»-Siegen hätte Odermatt egalisiert.
Einen anderen Rekord stellte Odermatt bereits am Samstag ein. Mit Sieg Nummer 13 in diesem Winter schaffte er etwas, was bisher im Weltcup der Männer nur ihm selber in der letzten Saison sowie Stenmark und Fellers Landsleuten Hermann Maier und Marcel Hirscher gelungen war. Dazu steht Odermatt nunmehr bei 23 Weltcup-Siegen im Riesenslalom, womit er zum Berner Oberländer Michael von Grünigen aufschloss.
Die meisterliche Reaktion
Am Samstag legte Odermatt nach der Schrecksekunde so richtig los. Auf den Patzer zeigte er eine Art von Reaktion, zu der nur er selber imstande ist. Auf dem restlichen Parcours war er trotz zusätzlichem Risiko auf der Höhe seiner Aufgabe, noch einmal gelang es ihm, auch dank wieder grösserer Kraftreserven, die unter den gegebenen Umständen bestmögliche Leistung abzurufen.
Am Freitag hatte Odermatt den deutlich gesunkenen Energielevel erwähnt, auf die schwierigen Bedingungen aufmerksam gemacht, auf die fordernde Piste, die hohen Temperaturen und die Höhe Aspens - und hatte er die mentale Komponente seines nicht enden wollenden Höhenflugs ins Spiel gebracht.
Vorerst waren da «die Kugeln» das Thema, die grosse für den neuerlichen Gewinn des Gesamtweltcups, die kleinen als Auszeichnung für den Besten im Riesenslalom, im Super-G und in der Abfahrt. «Dann dreht sich alles um Zahlen, um Serien und Rekorde», sagt Odermatt. «Das macht das Ganze schwierig. Vielleicht ist es aber auch das, was mich immer wieder antreibt, Höchstleistungen zu bringen.»
In Aspen, dem Hort der Schönen und Reichen, klappte das mit den Höchstleistungen erneut bestens, auch wenn selbst für Odermatt die Luft nicht nur im Wortsinn dünner wurde, selbst der Überfahrer menschliche Züge zeigte.