Organisatoren denken nicht ans Aufgeben
Alles mit kritischem Blick hinterfragen, eingehend analysieren und dann aus den Erkenntnissen die richtigen Schlüsse ziehen, dies ist die Absicht des OK-Präsidenten Franz Julen. Dieser Prozess habe bereits im vergangenen Jahr stattgefunden, als die Premieren-Rennen am Matterhorn wegen Schneemangels abgesagt werden mussten, sagt der Walliser.
Als Folge davon haben die Ausrichter des einzigen länderübergreifenden Rennens im alpinen Weltcup auf diesen Winter hin mehr Schneedepots angehäuft. Zudem wurde das Austragungsdatum im Rennkalender um zwei Wochen in den November verschoben. Beide Massnahmen hätten sich als richtig erwiesen, so Julens Überzeugung auch nach der neuerlichen Absage-Welle.
Fast beispielloses Wetter-Pech
«Trotz der langen Schlechtwetter-Periode zuletzt war die Piste durchwegs in recht gutem Zustand.» Das wurde den Zermattern auch von Trainer-Seite attestiert. Dass gleich drei Wochen in Folge das Wetter - und vor allem auch der Wind - nicht mitspielt, ist in den letzten 15 Jahren fast beispiellos. «Einzig 2018 gab es vergleichbar schlechtes Wetter im November. In allen anderen Jahren war es ein Auf und Ab. Es gab immer wieder Fenster mit guten Bedingungen», sagt Julen und verweist auf eine minutiös erarbeitete Statistik, wie in der jetzigen Jahreszeit das Wetter im Matterhorn-Gebiet seit 2010 war.
Die Piste Gran Becca startet (bei den Männern) auf fast 3800 Metern über Meer, das Ziel befindet sich auf knapp 2900 Metern über Meer. Dass das Wetter in dieser Höhenlage ein Risiko darstellt, sei ihnen immer bewusst gewesen, so Julen. Trotz der katastrophalen Bilanz von acht ausgefallenen Rennen hintereinander und überhaupt erst zwei Trainings, die bislang durchgeführt werden konnten, bekräftigt der 65-Jährige den Durchhaltewillen des OK. «Wir waren und sind auch weiterhin bereit, dieses Risiko einzugehen.»
Julen: «Alle weiter an Bord»
Julen, ein alteingesessener Zermatter, sagt: «Wir Walliser sind Optimisten. Wir geben nicht einfach auf. Die Hoffnung, dass wir Weltcup-Rennen am Matterhorn durchführen können, ist weiterhin vorhanden.» Er glaubt daran, dass im langjährigen Durchschnitt normalerweise «zwei, vielleicht sogar drei der vier Rennen stattfinden könnten».
Allerdings lebt man auch im Wallis nicht nur von Glauben und Hoffnung. Julen verspürt breite Unterstützung und weiterhin Rückenwind für seine Sache. «Als es im März 2022 vom Weltverband hiess, dass wir die Weltcuprennen erhalten, war mir eine mittel- bis langfristige Absicherung wichtig. Schliesslich geht es um Millionen-Investitionen.» Mit allen wichtigen Partnern - von der FIS über die Skiverbände der Schweiz und Italiens und auch mit den vier Hauptsponsoren - wurden deshalb Verträge mit einer Laufzeit von drei bis fünf Jahren unterzeichnet. Für nächstes Jahr seien deshalb «alle weiter an Bord».
Keine Kurzschluss-Aktion
Trotz der ausserhalb des Ski-Zirkus breiten Diskussion über Sinn und Unsinn von Skirennen insbesondere auf Gletschern zieht Julen seine Zuversicht, dass es für den Event am Matterhorn eine Zukunft gibt, aus der «fehlenden Alternative zu Zermatt/Cervinia. Wenn man Mitte November Speed-Rennen haben will, kommt man an uns nicht vorbei. In den provisorischen FIS-Kalendern für die kommenden zwei Jahre sind wir mit unserem Rennen an den gleichen zwei November-Wochenenden wie heuer vorgesehen.»
Auch für Diego Züger, den Co-CEO von Swiss-Ski, ist die Fortsetzung des von ihm «visionär» genannten Projekts, in dem «extrem viel Leidenschaft und Herzblut stecken», nicht infrage gestellt. «Dass wir die Rennen bisher alle absagen mussten, ergibt eine ganz schlechte Bilanz und tut sehr weh. Die Probleme 2022 und heuer sind aber nicht die gleichen. Deshalb wird es wiederum eine eingehende Analyse, aber sicher keine Kurzschluss-Aktionen geben.»