Spezielle Affiche im Süden Serbiens
«Nicht schon wieder gegen Serbien!» Das war in den Kommentarspalten eine der häufigsten Reaktionen nach der Auslosung der Nations-League-Gruppen. Die erneute Begegnung zwischen der Schweiz und Serbien stiess nach den emotionsgeladenen letzten Duellen auf wenig Begeisterung. Nicht wenige befürchteten ein Spiel, in dem der Fussball angesichts der vielen Nebenschauplätze erneut in den Hintergrund rücken könnte.
So war es an der WM 2018 in Russland, als die sogenannte Doppeladler-Affäre einen Schatten auf den in letzter Minute realisierten 2:1-Sieg der Schweiz warf. Weniger intensiv, aber dennoch emotional verlief das Aufeinandertreffen an der WM 2022 in Katar. Erneut mussten sich die Schweizer Spieler mit albanisch-kosovarischen Wurzeln Beschimpfungen von gegnerischen Spielern und Fans anhören. Der 3:2-Sieg wurde danach ausgiebig gefeiert - inklusive Xhakas ominösem Trikotjubel.
Verständlich, dass der Schweizer Verband diesmal versuchte, keine Diskussionen aufkommen zu lassen. Wer auch immer in der Vorbereitung vor die Mikrofone trat, betonte stets, dass es sich um ein «ganz normales Spiel» handle. Dass Nationalmannschaftsdirektor Pierluigi Tami fast im gleichen Atemzug erwähnte, er werde aber noch das persönliche Gespräch mit Granit Xhaka suchen, deutet klar auf das Gegenteil hin.
Xhaka kehrt von Sperre zurück
Der Captain der Schweizer Nationalmannschaft stand 2018 und 2022 im Zentrum der emotionalen Auseinandersetzungen. Das brachte ihm Kritik ein, stiess aber angesichts seiner Familiengeschichte - sein Vater war während der Balkankriege in serbischer Gefangenschaft - und der massiven Provokationen gegen ihn auch auf Verständnis. Ebenso verständlich ist, dass sich Xhaka vor dem erneuten Duell nicht exponierte und auf Interviews verzichtete.
Lange waren seine emotionalen Ausbrüche ohnehin kein Thema mehr gewesen. Seit seinem Wechsel zu Bayer Leverkusen im letzten Jahr schien Xhaka ruhiger geworden zu sein. Er wirkte stets abgeklärt, antwortete in Interviews souverän und widmete sich intensiv der eigenen Trainerausbildung.
Doch beim Auswärtsspiel in Dänemark verlor Xhaka die Coolness. Die harte Zweikampfführung und das vermeintlich unfaire Tor der Dänen, als ein Angriff trotz des am Boden liegenden Breel Embolo nicht unterbrochen wurde, brachten ihn aus der Fassung. Seine Wut entlud sich in einem harten Einsteigen, das ihm den Platzverweis einbrachte. Damit schwächte er die Mannschaft nicht nur für die Schlussphase gegen Dänemark, sondern auch für das folgende Spiel gegen Spanien. Dort machte sich das Fehlen des Captains bemerkbar. Oder wie es Mittelfeldpartner Remo Freuler ausdrückte: «Ein Granit lässt sich kaum ersetzen.»
Es droht ein Déjà-vu
Für das Spiel gegen Serbien ist Xhaka zurück und muss beweisen, dass er mit Provokationen umgehen kann. Denn die Schweiz steht nach dem missglückten Start mit zwei Spielen und null Punkten unter Druck. Es droht ein Déjà-vu der unangenehmen Art: Schon in der letzten Nations-League-Saison war die Schweiz schlecht gestartet - damals sogar mit drei Niederlagen in Folge.
Sollte die Schweiz auch gegen Serbien verlieren, wäre sie nach der Hälfte der Gruppenphase mit vier Punkten Rückstand Tabellenletzter. Der erstmalige Abstieg in die B-Liga bei der vierten Austragung des Wettbewerbs wäre plötzlich sehr nahe. Das will die Nationalmannschaft unbedingt vermeiden.
Es gehe dabei nicht nur um den sportlichen Aspekt, sondern auch um den Stolz, sagte Freuler. Das Team will beweisen, dass die guten Leistungen an der EM in Deutschland nicht nur ein Ausreisser nach oben waren und dass es auch ohne die langjährigen Teamstützen Yann Sommer, Fabian Schär und Xherdan Shaqiri funktioniert. Besonders gefordert sind die neuen «Team-Senioren» Freuler und Xhaka. Klar ist jedenfalls: Die Partie am Samstag im vor einem Jahr eröffneten Dubocica-Stadion in Leskovac ist alles andere als ein «ganz normales Spiel».