Waadtländer Derby im Scheinwerferlicht
Die Einstimmung auf das Derby ist beiden Mannschaften am Wochenende perfekt gelungen. Lausanne-Sport setzte sich daheim gegen die Grasshoppers mit 3:0 durch, und Yverdon feierte dank einem Tor tief in der Nachspielzeit mit dem 3:2 in Luzern den ersten Auswärtssieg seit über 440 Tagen. Nur Servette und Basel waren bisher in diesem Monat erfolgreicher als die beiden Waadtländer Klubs, die in der Deutschschweiz ein Schattendasein führen.
Es herrscht ein seltener Moment der gemeinsamen Fussball-Euphorie in den grössten zwei Städten des Kantons, die eine halbe Autostunde voneinander entfernt liegen. Yverdons Goalie Paul Bernardoni filmte sich in Luzern mit dem Smartphone und forderte die Fans auf, am Dienstagabend ins «Muni» zu kommen, ins Stade Municipal. Lausannes Trainer Ludovic Magnin sprach nach dem Match gegen GC von einem perfekten Abend und blickte voraus auf die beiden Derbys diese Woche, gegen Yverdon und einige Tage später gegen Servette: «Es ist wirklich cool!»
Auch wenn die Konstellation wieder einmal stimmt, muss man sich nichts vormachen: Die Rivalität zwischen Lausanne-Sport und Yverdon ist auf Super-League-Massstab klein und die Strahlkraft bescheiden. 14 Mal standen sich die beiden Mannschaften in den letzten 30 Jahren in der höchsten Liga gegenüber, 2001 spielten sie im Cup-Halbfinal gegeneinander, und im Frühling 2023 kämpften sie unter anderem vor 12'000 Zuschauern um den Aufstieg in die Super League, den am Ende beide schafften.
Nach knapp 50 Runden zurück in der höchsten Liga bleibt es schwierig, sich ein Bild der beiden Vereine zu machen. Yverdon befindet sich in Besitz des texanischen Geschäftsmann Jamie Welch, der früher Banker bei der Credit Suisse war und heute im Energiesektor tätig ist. Seit einigen Tagen ist er auch Klub-Präsident. Lausanne-Sport gehört dem milliardenschweren britischen Petro-Unternehmen Ineos.
Wundertüte Ineos
In Lausanne haben die Briten mit Sportchef Stéphane Henchoz und Trainer Magnin ein einheimisches Duo installiert, das über Freiraum zu verfügen scheint. Das Interesse des Grosskonzerns und dessen Besitzers Jim Ratcliffe scheint nicht immer gleich gross zu sein. In der Klub-Hierarchie des firmeneigenen Fussball-Konglomerats liegt LS hinter Nice und Manchester United abgeschlagen an dritter Stelle. In einem Interview meinte Ratcliffe vor kurzem salopp und vielsagend: «Wir haben in Lausanne und Nizza viele Dummheiten gemacht. Ich bin froh, dass wir die Fehler begangen haben, bevor wir nach Manchester gekommen sind.»
Seit Ineos 2018 Lausanne-Sport übernommen hat, spielte der Klub drei Saisons in der Challenge League und auch in der Super League nie die erhoffte Rolle. Die Resultate von Magnins Team bereiten Ratcliffe sicher keine schlaflosen Nächte. Was nicht unbedingt schlecht sein muss. Immerhin überstand Magnin auch Phasen mit enttäuschenden Ergebnissen unbeschadet und bekam Zeit, das Team zu formen, das angetrieben vom Schweizer U21-Internationalen Alvyn Sanches seit Mitte August nur zwei von neun Spielen verloren hat.
Yverdons Plan steht
Auch in Yverdon zeigt man sich geduldig. Nachdem Marco Schällibaum vor einem Jahr früh von der damals neuen Führung als Trainer abgesetzt worden ist, vertraut man Alessandro Mangiarratti. Der 46-jährige Schweizer hat nicht nur ansprechende Resultate geliefert, sondern mit Kevin Carlos auch einen Einkauf so weiterentwickelt, dass er in diesem Sommer für wohl über drei Millionen Franken verkauft werden konnte. Dass dies zählt, gibt man in Yverdon unumwunden zu.
Spieler sollen sich in Yverdon entwickeln, sich zeigen und weiterverkauft werden. «Wert kreieren», nennt es Jeffrey Saunders, der Fussball-Verantwortliche im Klub. Dafür sind die amerikanischen Besitzer auch bereit, Geld in die Hand zu nehmen, sei es für neue Spieler oder die Verbesserung der Infrastruktur - wie im Sommer, als das Stadion für eine Million Franken angepasst wurde. Das Ziel ist, dass Yverdon Sport bald mal finanziell auf eigenen Füssen steht.
Der Weg ist noch weit
Von den Erfolgen der letzten Wochen lässt man sich nicht täuschen. Auch nicht beim ambitionierteren, mit einem Top-6-Schlussrang rechnenden Lausanne, wie Magnin nach dem Sieg gegen GC betonte: «Ich habe den Jungs gesagt, es gibt keine Party, nicht mal ein kleines Bier. Es wäre blöd, schon zufrieden sein.» Der Weg aus dem Schatten ist noch lang, selbst in der eigenen Stadt. In Yverdon kommen trotz guter Resultate daheim im Schnitt nur 2600 Zuschauer, in Lausanne sind es 3000 mehr. Damit belegen die Waadtländer in dieser Saison den letzten und drittletzten Platz im Zuschauerranking der Super League.