YBs hohe Hürde auf dem Weg in die Königsklasse
Cedric Itten, was fällt Ihnen zuerst ein, wenn Sie an die Champions League im vergangenen Jahr denken?
«Mein Tor im Auswärtsspiel gegen Roter Stern Belgrad (2:2). Erstmals in der Champions League zu treffen, hat mir sehr viel bedeutet. Und natürlich die beiden Spiele gegen Manchester City, die neben Real Madrid beste Mannschaft der Welt. Das sind magische Momente für einen Fussballer.»
Was ist Ihnen dabei besonders in Erinnerung geblieben?
«Das fängt schon bei der Hymne an: Wie viele andere habe ich als Bub immer Champions League geschaut und die Spieler im Fernsehen bewundert. Wenn man dann plötzlich selbst da steht und die Musik erklingt, bekommt man einfach eine Gänsehaut. Besonders in einem Stadion wie dem Etihad. Die Atmosphäre dort hat mich an meine schöne Zeit bei den Glasgow Rangers erinnert.»
Sie haben noch ein wichtiges Tor geschossen. Mit dem 1:0 im Playoff gegen Maccabi Haifa haben Sie die Tür zur Champions League aufgestossen.
«Das war wahrscheinlich eines der wichtigsten Tore meiner Karriere. Ich wusste, dass es dem Klub grosse Beachtung und viel Geld einbringen kann. Und wir Spieler hatten die Chance, die ganze Stadt auf höchstem Fussballniveau zu repräsentieren.»
Um in die Königsklasse zurückzukehren, muss sich YB nun gegen Galatasaray durchsetzen. Eine hohe Hürde.
«Es ist sicher das härteste aller möglichen Lose. Dazu kommt, dass wir zuerst daheim und dann auswärts spielen. Deshalb ist Galatasaray aus meiner Sicht der Favorit.»
Vor vier Jahren trafen Sie mit den Glasgow Rangers ebenfalls in den Playoffs auf Galatasaray.
«Das stimmt. Wir haben uns mit einem 2:1-Heimsieg für die Gruppenphase der Europa League qualifiziert.»
Was kommt auf YB zu?
«Es ist schwierig, Vergleiche zu ziehen. Aber wir wissen genau: Das Kader von Galatasaray ist gespickt mit guten Spielern und auswärts wird die Stimmung aufgeladen sein. Da müssen wir dagegenhalten. Deshalb wäre es wichtig, mit einem guten Ergebnis und dem nötigen Selbstvertrauen nach Istanbul zu reisen. Dann müssen wir versuchen, deren Einzelspieler aus dem Spiel zu nehmen, keine Spiellust aufkommen zu lassen und als Team aufzutreten.»
Ist YB bereit? Nach fünf Runden steht das Team in der Meisterschaft noch ohne Sieg da.
«Der Start war sicher nicht wunschgemäss. Es ist aber auch vieles unglücklich gelaufen, wenn ich zum Beispiel an die Roten Karten in den Spielen gegen Sion und Yverdon denke. Dann fielen Spieler verletzt aus, andere kamen neu dazu - wir müssen uns noch finden. Aber wir sind auf dem richtigen Weg, das haben wir im Cup beim 10:0 gegen Printse-Nendaz gezeigt. Ausserdem kommt nun ein ganz anderer Wettbewerb. Wir können die Meisterschaft für zwei Wochen ausblenden, frei aufspielen und uns voll auf dieses grosse Ziel konzentrieren.»
Bei Analysen des verpatzten Saisonstarts fällt immer wieder das Stichwort «Genügsamkeit». Was sagen Sie dazu? Fehlt in Bern nach Jahren der Dominanz das Feuer?
«Nein. Wir hatten eine harte Vorbereitung und jeder Spieler arbeitet jeden Tag intensiv an sich. Aus meiner Sicht haben zu Beginn Kleinigkeiten gegen uns gesprochen und wir sind in eine kleine Negativspirale geraten. Das kann sich aber mit dem ersten Sieg schnell ändern und zu einer positiven Serie werden.»
Negativspiralen sind für YB ungewohnt. Wie konnte es so weit kommen?
«Das ist schwer zu sagen. Wir hatten letzte Saison Abgänge von wichtigen Spielern wie Fabian Rieder, Ulisses Garcia oder Jean-Pierre Nsame. Dazu kamen die Trainerwechsel zu Joël Magnin und im Sommer zu Patrick Rahmen. Neue Ideen umzusetzen, braucht etwas Zeit. Aber ich bin überzeugt, dass wir uns als Mannschaft finden und stärker werden.»
Patrick Rahmen stellte nach drei Spielen das System um und Sie verloren Ihren Stammplatz. Wie gehen Sie damit um?
«Ich mache mir keine Sorgen. Ich fühle mich gut, habe am Samstag im Cup drei Tore geschossen und gezeigt, was ich kann. Die nächsten Wochen werden zeigen, welches System für die Mannschaft das Beste ist. Ich konzentriere mich auf das, was ich beeinflussen kann.»
Nicht beeinflussen konnten sie auch das Aufgebot für die EM in Deutschland, in dem Sie fehlten.
«Ich gebe zu, dass es mir viel bedeutet hätte, dort dabei zu sein. Aber zu Beginn des Turniers war das schon abgehakt und ich habe der Mannschaft die Daumen gedrückt.»
Haben Sie mit Nationaltrainer Murat Yakin darüber geredet, warum es nicht gereicht hat?
«Nein, wir haben nicht miteinander gesprochen. Ich hatte eigentlich ein gutes Gefühl, nachdem ich in der Qualifikation immerhin in fünf von zehn Spielen zum Einsatz gekommen bin, davon viermal in der Startelf, und gute Leistungen gezeigt habe. Ich akzeptiere es natürlich, wie es ist. Jetzt versuche ich umso mehr, mich für die nächsten Aufgaben wieder aufzudrängen.»
Sie hatten trotz verpasster EM einen schönen Sommer: Sie haben sich verlobt, herzlichen Glückwunsch.
«Vielen Dank. Das war wirklich mein grösstes Highlight, besser geht es nicht.»
Zum Abschluss noch einmal zum Europacup: Was halten Sie vom Ligaformat, das die Gruppenphase ablöst?
«Ich finde es speziell, weil das Hin- und Rückspiel wegfällt und wir gegen die einen nur daheim und gegen die anderen nur auswärts spielen. Ausserdem kommen zwei Spiele mehr in den Terminkalender. Ich fand das alte Format gut und kenne die Ideen hinter den Änderungen nicht genau. Lassen wir das auf uns zukommen. Ein Urteil können wir in einem halben Jahr fällen.»