Kerngesellschaft zieht Lufthansa-Konzern nach unten
Der Lufthansa-Konzern hat seine Gewinnprognose für das laufende Jahr deutlich gekappt. Der Grund sind grosse Probleme bei der Kerngesellschaft Lufthansa, die den gesamten Konzern nach unten zieht.
Seit dem Winter fliegt die Flotte mit dem Kranich ihren Finanzzielen meilenweit hinterher und hat nach sechs Monaten einen Verlust von 427 Millionen Euro eingesammelt - eine gute halbe Milliarde weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum, als zum 30. Juni bereits ein Gewinn von 149 Millionen Euro stand.
Während die übrigen Konzern-Gesellschaften wie Swiss, Austrian, Eurowings, Brussels oder auch die Lufthansa Technik weitgehend im Plan liegen, laufen bei der Kerngesellschaft Kosten und Erlöse auseinander. Stiegen nach der überwundenen Corona-Krise die Ticketumsätze nahezu automatisch, sei inzwischen eine weitgehende Normalisierung im Markt angekommen, berichtet Airline-Chef Jens Ritter in einem internen Brandbrief.
Gleichzeitig baut die Konkurrenz ihr Angebot teils deutlich schneller aus als der Kranich. Die Folge: Auch mit Langstreckenflügen nach Asien oder über den Atlantik wird der Gewinn pro Passagier immer kleiner.
Touristen können Geschäftsreisende nicht ersetzen
Ritter schreibt weiter: «Wir erleben eine «Neue Realität»: keine Krise, sondern eine strukturelle Veränderung.» Soll heissen: Die vielen Touristen an Bord füllen die Flieger nicht das ganze Jahr über - die Geschäftsreisenden werden schmerzlich vermisst. «Mit unserem aktuellen System haben wir kaum Möglichkeiten, derartige saisonale Schwankungen auszugleichen», stellt Ritter fest.
Das Management hat zunächst ein hartes Sparprogramm bei der Kernmarke begonnen. Sachkosten werden pauschal um 20 Prozent gekürzt und in der Verwaltung ein genereller Stellenbesetzungsstopp verhängt. Alle nicht betriebsnotwendigen Projekte sollen verschoben, gekürzt oder gestoppt werden, um zum Jahresende vielleicht doch noch die schwarze Null zu erreichen. Das Erreichen der Gewinnschwelle sei «zunehmend anspruchsvoll», heisst es in der Pflichtmitteilung an die Börse vom Freitag.
20 Prozent weniger Produktivität
Laut «Handelsblatt» ist Konzernchef Carsten Spohr alarmiert: "Das läuft gerade überhaupt nicht so, wie wir uns das vorstellen, soll er auf einem Mitarbeiter-Forum gesagt haben. Lufthansa Airlines führte 20 Prozent weniger Flüge durch als vor der Pandemie, habe aber genauso viele Mitarbeiter wie 2019. Das bedeute 20 Prozent weniger Produktivität.
Für den Konzern-Chef kommen die Probleme zur Unzeit. Der Einstieg bei der italienischen Staats-Airline Ita ist gerade erst von der EU genehmigt. Für den im vierten Quartal geplanten Vollzug benötigt er grosse Management-Kapazitäten - in Rom und in Frankfurt. Und natürlich Kapital, dass eigentlich Lufthansa und Co. erwirtschaften sollen.
Prognose gekappt
Für das Gesamtjahr traut sich der Konzern nur noch einen operativen Gewinn zwischen 1,4 bis 1,8 Milliarden Euro (bereinigtes EBIT) zu, nachdem bislang rund 2,2 Milliarden Euro als Zielmarke genannt wurden. Im zweiten Quartal betrug der operative Gewinn nur 686 Millionen Euro nach 1,1 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum.
Der Ausblick hängt nun massgeblich von der Ergebnisentwicklung bei Lufthansa Airlines sowie dem traditionell wichtigen vierten Quartal bei der Frachttochter Lufthansa Cargo ab.
City Airlines kann es billiger
Das Sparprogramm wird auf lange Sicht nicht ausreichen, erklärt das Lufthansa-Management und kommt daher auf einen grundlegenden Konflikt mit dem Personal und den streikfreudigen Gewerkschaften zurück. Die unlängst gestartete Gesellschaft City Airlines soll unter dem Lufthansa-Logo eine steigende Zahl von Europa-Flügen erledigen, was nur zu Lasten der bestehenden Lufthansa Classic gehen kann.
Die ist nämlich im Betrieb deutlich teurer als die neue Airline, die noch nicht einmal Tarifverträge für ihr fliegendes Personal abgeschlossen hat. Man wünsche sich, dass Lufthansa keine reine Langstrecken-Airline werde, sondern auch in Zukunft profitable Kurz- und Mittelstrecken anbiete, beteuert Ritter. Die Bedingungen dafür waren schon einmal besser.